Gauting:Große Emotionen am Klavier

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Das Faust-Trio im Gautinger Bosco: (v. li.) Pianist Alexander Melnikov, Violinistin Isabelle Faust und Jean-Guihen Queyras am Violoncello. (Foto: Nila Thiel)

Isabelle Faust, Jean-Guihen Queyras und Alexander Melnikov zeigen viel Einfühlungsvermögen

Von Reinhard Palmer, Gauting

Es ist ein Glücksfall, wenn sich drei so unprätentiös auftretenden Musiker zusammenfinden und sich fern jeder Eitelkeit dem gemeinsamen Klangkörper unterordnen und emotional hingeben. Das tun gute Orchestermusiker auch, aber in einem Klaviertrio geht es an jedem Instrument um eine solistische Besetzung, in der die Mitspieler gänzlich exponiert agieren. Im Gautinger Bosco taten es die drei international renommierten Musiker mit großem Einfühlungsvermögen. Isabelle Faust (Violine), Jean-Guihen Queyras (Violoncello) und Alexander Melnikov (Klavier) sind eben nicht nur große Solisten in den berühmtesten Konzertsälen weltweit, sondern auch überaus sensible Kammermusiker. Faust und Melnikov haben sich vor vielen Jahren zum Duo zusammengefunden, aber auch die Konstellation mit Queyras ist bereits erprobt. Offensichtlich ist: Die musikalische Chemie stimmt.

Das verlangte dieses Programm geradezu, denn hier waren große Emotionen im Spiel, die nur aus tiefster, einhelliger Empfindung heraus eine so beseelte Leidenschaft entfachen können, wie es zunächst in Schumanns drittem Klaviertrio g-Moll op. 110 der Fall war. Der ruhelos bewegte Einstieg in diese manchmal verworrene, meist aber sehr eindringliche Komposition stellt die Weichen für alle vier Sätze. Das Trio Faust, Queyras und Melnikov setzte an, als gelte es, ein Thema aufzugreifen, das nur innerlich zu hören war. Abtauchen in die Äußerungen der von Krankheit gezeichneten Seele des Komponisten baute Kraft auf, um sie sogleich mit Energie zu entladen.

Wohl erst mit Schuberts B-Dur-Klaviertrio op. 99 wurde deutlich, wie komplex die Strukturen Schumanns waren. Sein Trio aus dem Todesjahr des Komponisten ist ein schlichtes, doch in seiner Wirkung überwältigendes Werk. Das Trio konnte auch hier wunderbare Melodien berührend aussingen, nicht nur im langsamen Satz, sondern auch in den lyrischen Kontrastpassagen, wie etwa dem ersten Trio im Scherzo. Die Magie der Einfachheit ermöglichte den Interpreten, feinstes Changieren im Kolorit zum Blühen zu bringen. In diesem Werk gibt es keine großen Gesten, und doch entfalteten die Effekte, die das Trio herausarbeitete, eine enorme Wirkung.

Das Trio Nr. 2 von 1987 des Sizilianers Salvatore Sciarrino ist zwar über weite Strecken ein recht filigranes Werk, das mit Vogelgezwitscher imitierenden, in ihrer Eindringlichkeit schon Nerv tötenden Pattern viel Spannung erzeugt. Aber die erzählte Geschichte bleibt abstrakt und im Vergleich zu Schubert doch sehr vordergründig. Die wilden pianistischen Ausbrüche waren dann als Entladung eine Wohltat.

Frenetischer Applaus und eine Schumann-Zugabe.

© SZ vom 19.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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