Gauting:Gereift - aber nicht in Routine erstarrt

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Seit 20 Jahren sind Benedikt Jahnel, Benjamin Schäfer, Andreas Haberl und Max von Mosch (v.l.) ein Team, das nun im Bosco ein Heimspiel feierte. (Foto: Franz X. Fuchs)

Max.bab hat durch Verzicht auf das Unnötige an Freiheit, Spielfreude und Finesse gewonnen

Von Reinhard Palmer, Gauting

Die Vier können es wohl selbst kaum glauben, dass sie schon seit 20 Jahren in der Konstellation von Max.bab musizieren. Man hat noch die Lobeshymnen über die Nachwuchsband in Erinnerung, da mischt das Quartett längst schon an der Spitze des deutschen Jazz auf internationaler Bühne mit. Selbstverständlich sind alle auch mit anderen Formationen weltweit unterwegs. Aber Max.bab ist eine Art Keimzelle des Erfolgs für die Musiker, die noch vor den Studienjahren entstanden ist. Ein Glücksfall, dass es so lange funktioniert, und ein Indiz dafür, dass sich die Enddreißiger nach wie vor menschlich und musikalisch verstehen. Das war in Gauting deutlich zu spüren - nicht nur an der guten Laune, sondern auch an der Vertrautheit und Akzeptanz gegenüber den Eskapaden der Mitspieler. Im Grunde war es nicht nur für den Saxofonisten Max von Mosch ein Heimspiel, denn auch Benedikt Jahnel (Klavier), Benny Schäfer (Bass) und Andi Haberl (Schlagzeug) dürften sich mittlerweile auf der Bosco-Bühne heimisch fühlen.

"Musik ist Liebe" ist auf der Homepage der Formation gerade noch erkennbar. Da wagt man nicht zu widersprechen, wenn man ein Konzert von Max.bab besucht hat. Dass es gelingt, dabei keine eheliche Routine aufkommen zu lassen, liegt schon an der Leidenschaft, mit der alle ans Werk gehen. Als spielfreudig und lustvoll kann man den Zugriff bezeichnen, auch wenn die Musiker in ihren jeweiligen Parts nicht ganz frei loslegen. Der Erfolg der Band basiert schon zum guten Teil am ordnenden Prinzip, das an markanten Stellen auf arrangierte Synergien baut und den freien Improvisationen einen kontrastierenden Bezugsrahmen bietet.

Die kammermusikalische Idee des homogenen Ensemblesatzes stellt im dramaturgischen Bogen immer wieder Klarheit und Transparenz her. Mit der Zeit ist die Band immer mutiger geworden, sie verschlankte Themen auf ein Minimum, was im Bosco ein Mehr an Ausdruck, Eindringlichkeit und Freiraum bedeutete. In den Soli geht es den Musikern nun vor allem um spieltechnische Finessen, die ein konzentriertes Ausdruckspotenzial in sich bergen: kein Toben und Draufdreschen, vielmehr feinsinniges Erzählen, Variieren und Kolorieren. Zwischen Einsatz und Ausbeute legte die Effizienz zu. Am leichtesten ist das am Spiel Haberls abzulesen: Er ließ sich zu keinem Zeitpunkt auf die Standard-Rhythmusmaschine ein und bereicherte das Geschehen geradezu wie ein Liedbegleiter. Das durfte er auch, denn selbst Jahnel übernahm mal am Flügel den Schlagzeugpart, während die Melodie überraschend in Schäfers Tiefen auftauchte.

Max.bab war noch nie um Überraschungen verlegen, deren Platzierung aber erweist sich immer präziser und vor allem aus dem Bauch heraus optimal in Szene gesetzt. Ganz gleich, ob neue Titel vom aktuellen Album wie "Red & Gray", "Ikarus" oder der Titelsong "Wild Pitch", oder schon ältere Eigenkompositionen aus "Inner Orbit", "Lows of Motion" oder dem Debütalbum "Max Bab": Sie alle gewinnen durch die gereifte Interpretation der Band. Die schöpft weniger aus Hinzufügung als vielmehr aus Wegnahme des nicht Notwendigen an Überzeugungskraft. Balladen profitieren vor allem in der Farbigkeit, die entschiedener und reiner ausfällt und so unmittelbarer anspricht. Bei den fulminanteren Titeln ist auf diese Weise jede Interpretation vor jeglichem Klangbrei gefeit. Und wenn Max von Mosch zu weit tragenden Höhenflügen ansetzt und seine Saxofonstimme wunderbar befreit über den wohltönenden Klangteppich seiner Mitspieler legt, geht das schon mächtig unter die Haut. Dass allzu viel Ästhetik auf Dauer nicht gut tut, wissen die Max.bab-Mannen sehr wohl. Die Störungen mit wilder Atonalität blieben aber mit Sorgfalt dosiert und gezielte Eingriffe, die in der Dramaturgie ihren Sinn zugewiesen bekamen und im Kontext aufgingen. Die Begeisterung des Publikums bestätigte einmal mehr den guten Weg, den Max.bab weitergeht - und wurde mit zwei Zugaben honoriert.

© SZ vom 26.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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