Gauting:Erst Kulturpreis, dann Sanktionen

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Aus, Äpfel, Amen: Birgit Luft und Sebastian Bürck (rechts), die Betreiber des Café Paletti, zusammen mit den Grundstücksbesitzern Wolfgang Jäger (links) und Alexandra Kothmair-Jäger. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Zu viele Menschen, Lärm und Müll: Nach Anwohnerprotesten will die Gautinger Rathausverwaltung prüfen, ob Sebastian Bürck im "Café Paletti" weiter Konzerte veranstalten darf. Der Klinge-Preisträger fühlt sich zu Unrecht in der Kritik

Von Carolin Fries, Gauting

Sebastian Bürck kann es noch immer nicht fassen. Vor knapp vier Wochen hat der 56-Jährige für seine "Initiative zur Ermöglichung eines Kulturerlebnisses in Zeiten der Pandemie" noch den Günther-Klinge-Kulturpreis (Förderpreis) der Gemeinde Gauting bekommen, nun soll er sein "Café Paletti" in Stockdorf womöglich still legen müssen. Ein entsprechendes Schreiben des Ordnungsamts hat den im Würmtal aufgewachsenen Kameramann am vergangenen Freitag erreicht und "mehr als überrascht", wie er am Telefon erzählt. Was war passiert?

Sebastian Bürck sagt, sogenannte besorgte Stockdorfer hätten dafür gesorgt, dass die Gemeinde ihm weitere Veranstaltungen auf dem ehemaligen Zimmerei-Gelände der Familie Kothmair-Jäger in der Waldstraße in Stockdorf verbietet. Mitten im Lockdown hatte er hier im Wohngebiet vor bald eineinhalb Jahren ein kleines Café als kulturellen Treffpunkt in der Krise geschaffen. Mit der Zeit entwickelte sich daraus ein beliebter Kulturbetrieb, immer freitags traten durch die Coronakrise gebeutelte Künstler auf. "Es war ein Selbstläufer", sagt Bürck. Der Veranstalter weiß aber auch, dass einige Anwohner mit dem Café hadern: Zu viele Menschen, zu viel Lärm, zu viel Spaß und Müll. Regelmäßig wurden der Polizei Ruhestörungen gemeldet und im Rathaus gingen Beschwerden ein.

Von einer "erheblichen Beschwerdelage der umliegenden Anwohnerschaft", spricht das Gautinger Ordnungsamt in dem Schreiben an Bürck vom vergangenen Freitag. Hinzu kämen Ordnungswidrigkeitsanzeigen der Polizei sowie gewerberechtliche Unzulässigkeiten. Man sähe sich deshalb nicht in der Lage, eine Fortsetzung der Veranstaltungen zu gestatten. Am Montagnachmittag stellt die Rathausverwaltung in einer Pressemitteilung klar: Mit diesen Zeilen habe man kein Verbot ausgesprochen, sondern Bürck lediglich zu einer Stellungnahme aufgefordert - wenn auch offenbar recht missverständlich.

Bürck ärgert sich, dass man nicht mit ihm nicht über die Vorwürfe gesprochen hat und betont, dass die genannten Verstöße nicht zuträfen. Was die Rechtsgrundlage für den gewerblichen Betrieb betreffe, habe er zuletzt allerhand bürokratische Hürden genommen. Um das Kulturcafé auch über die Pandemie hinaus betreiben zu können hätte er eine Wiederbelebung des früheren Kiosks auf dem Zimmerei-Grundstück beantragt. Bürck und seine Geschäftspartnerin Birgit Luft hätten bereits Versicherungen abgeschlossen, einen Telefonanschluss beantragt und ein Konto eröffnet. Der Kameramann betont, dass er kein Gastronom sei, er habe das Café "aus sozialem Engagement heraus und als Hobby nebenbei gemacht". Umso mehr gefreut habe ihn der Förderpreis der Gemeinde.

Bürck hat dem Ordnungsamt am Montag ein umfassendes Antwortschreiben zukommen lassen und hofft nun auf eine schnelle Antwort, schließlich soll bereits an diesem Freitag der Pianist Steve Clayton auftreten. Die Gemeinde kündigte an, man werde sich intensiv mit der Stellungnahme auseinandersetzen. In den sozialen Netzwerken erfuhr der Kulturbetreiber derweil eine große Solidarität. Unter anderem wandte sich die Grünen-Landtagsabgeordnete Anne Franke an Bürgermeisterin Brigitte Kössinger (CSU) und bat darum, dem preisgekrönten Kulturevent "keine Steine in den Weg zu legen".

© SZ vom 31.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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