Gauting:Der lange Weg zum Film

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An 21 Fassungen gearbeitet: Silke Eggert, Co-Autorin des Drehbuchs für den Liebesfilm "303". (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Drehbuchautoren berichten im Werkstattgespräch über ihre Arbeit

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Gauting

Drehbuchautoren brauchen einen langen Atem. Von der ersten Idee und dem Konzept bis zur Szenenbeschreibung und dem Drehbuch vergehen oft Jahre. Und mit dem fertigen Werk verkauft der Autor normalerweise auch seine Rechte. Ein Mitspracherecht bei der Umsetzung des Films hat er dann nicht mehr. "Es ist die Regel, dass man eine Geschichte schreibt und nicht weiß, wie sie endet", erklärte der Schauspieler und Drehbuchautor Christian Lex beim Werkstattgespräch auf dem Fünfseen-Filmfestivals (FSFF).

Als Lex mit dem Schreiben anfing, hatte man ihm erklärt, die Chance, dass ein Drehbuch tatsächlich als Film umgesetzt wird, stehe 1 zu 10. "Ich dachte, die übertreiben, aber es war untertrieben", weiß er heute, 15 Jahre später. Zusammen mit Brigitte Drodtloff vom Verband Deutscher Drehbuchautoren las er am Freitagabend im Gautinger Kino Szenen aus Filmen, die auf dem FSFF gezeigt werden und für den Drehbuchpreis nominiert waren.

Der Film "Styx", ein Flüchtlingsdrama, kommt fast ohne Dialoge aus, der Film lebt von seinen Bildern. Im Gegensatz dazu stehen die Szenen des wortgewaltigen Liebesfilms "303". Anschließend wurden die entsprechenden Filmszenen gezeigt, und Drodtloff ging mit den beiden Co-Autorinnen Silke Eggert und Ika Künzel der Frage nach, wie ein Drehbuch entsteht und was davon umgesetzt wird.

Künzel ist Co-Autorin des Films "Styx", der in der kommenden Woche in den deutschen Kinos anläuft. Das Konzept für das Flüchtlingsdrama entstand laut Künzel schon vor neun Jahren. Dann wurde die Geschichte von der Realität eingeholt, das Drehbuch musste immer wieder aktualisiert werden. Eggert hat das Skript für "303" mitgestaltet. Die erste Idee für das Roadmovie hatte der Autor und Regisseur Hans Weingartner schon vor 15 Jahren. Er sei aber nicht richtig weitergekommen und habe eine Co-Autorin gesucht, die der Protagonistin eine weibliche, emotionale Stimme gebe, so Eggert. Bei ihrer Version verstecken die kopflastigen Charaktere ihre Gefühle hinter poetischen, nachdenklichen und tiefgründigen Dialogen.

Eggert zufolge gab es im Laufe der Jahre 21 Fassungen von dem Drehbuch. Die Schnittfassung des Films sei zuletzt vier Stunden lang gewesen. Manche Szenen, die ihr wichtig waren, seien am Ende herausgefallen. Eggert schreibt normalerweise täglich drei Stunden an einem Drehbuch. Die restliche Zeit nutzt sie für die Recherche. Sie habe sich viel mit Psychologie befasst und viele Gespräche geführt, sagte sie. Am Samstag gab es dafür eine Auszeichnung: Eggert und Weingartner wurden auf dem Festival mit dem Dachs-Drehbuchpreis ausgezeichnet, wobei Dachs für die Länder Deutschland, Österreich, Schweiz und Südtirol steht.

Für "Styx" war die Recherche laut Künzel sehr aufwendig. Es gab Kontakte zu Flüchtlingen, zu Traumatherapeuten, aber auch zu weiblichen Seglern, um den Part der Hauptdarstellerin realitätsnah umsetzen zu können. "Drehbuchautoren versuchen den Spiegel der Gesellschaft aufzuzeigen", erklärte Drodtloff. Beide Filme würden ein sehr schmerzliches Spiegelbild wiedergeben.

Natürlich wurden die Drehbücher auch unter dem Gesichtspunkt Zeit, dem diesjährigen Motto des FSFF, unter die Lupe genommen. Das Fazit: Beide Filme nehmen sich Zeit, um ihre Geschichte zu erzählen. In "303" ist es die Zeit für die Liebe, in "Styx" die Zeit, die die Protagonistin braucht, um auf eine Situation eingehen zu können.

© SZ vom 10.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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