Gauting:Bedeutsame Kleinigkeiten

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Maxi Pongratz auf der Bühne, die Zuhörer auf Stühlen in der Wiese. Sebastian Hofmüller freute sich, "dass alle wieder da sind". (Foto: Arlet Ulfers)

Endlich wieder Kultur: Maxi Pongratz spielt und singt im Garten von Sebastian Hofmüller

Von Patrizia Steipe, Gauting

Eigentlich hätte Maxi Pongratz bereits im Mai in Gauting auftreten sollen. Doch Sebastian Hofmüller musste wie so viele andere Kulturveranstalter seine dritten Maifestspiele, ein knapp einwöchiges Musikfestival, wegen Corona absagen. Auch jetzt ist die Pandemie nicht vorbei, "aber wir versuchen wieder Kultur zu machen", versicherte der Schauspieler. Allerdings unter anderen Rahmenbedingungen. Den Akkordeonisten aus Oberammergau und Obergiesing hatte er zu einem Freiluft-Konzert in seinen Garten eingeladen. Der ist groß genug, um die Stühle in der Wiese so locker aufzustellen, dass die Abstände eingehalten werden können und um eine "Einbahnregelung" für Ein- und Ausgang vorzuhalten. Es gab sogar Platz für eine "Bar", an der sich die Gäste Wein, Bier und Wasser holen konnten.

"Schön, dass alle wieder da sind", seufzte Hofmüller. "Bereits beim Soundcheck im Garten ging mir das Herz auf". Für viele im Publikum war es die erste Kulturveranstaltung "seit damals", wie es Hofmüller bezeichnete. Entsprechend groß war die Vorfreude. Der ehemalige "Kofelgschroa"-Frontmann enttäuschte die Erwartungen nicht. Im Gegenteil. Selten kamen einem seine bayerischen, minimalistischen Texte so aktuell vor wie an diesem Abend. So hat die Zeit in den eigenen vier Wänden doch dazu beigetragen, die Sinne für scheinbare Nichtigkeiten zu schärfen. Und als Maxi Pongratz vom Regentropfen sang, der in die Regenrinne und von dort in die Regentonne rann oder von der Wäsche, die in der Sonne trocknet, da hatte man plötzlich großes Verständnis dafür, dass solche Dinge genug Bedeutsamkeit haben, um ein ganzes Lied zu tragen. "Weil i mi ned festlegn ko, sag i mal so und mal so", klang es fast schon philosophisch im Lied über das Entscheiden oder in "d'Nacht is miad vom Nachtsein".

Pongratz nimmt sich selbst nicht allzu ernst, er hat es nicht nötig, etwas vorzugaukeln und nutzt seine Schwächen lieber als Vorlage für neue Songs. Zum Beispiel "Gärtnerlehre", in dem er von seiner Ausboldung zum Zierpflanzengärtner erzählt, welche er vor seiner Musikerlaufbahn gemacht hat. Vor allem die Arbeit auf dem geruhsamen Friedhof, wo er den Gräbern einen saisonalen Blumenschmuck gab und auch mal hinterm Grabstein schlummerte, habe dem eher faulen Azubi Spaß gemacht. "Man ist nie fertig geworden und deswegen hat es auch ned so pressiert", so seine Erkenntnis. Auch über mehrere vergebliche Versuche, den praktischen Teil der Führerscheinprüfung zu bestehen, singt er - ernsthaft, dennoch blitzt der Schalk aus den Augen.

Der Ruhe in seinen Texten setzt Pongratz ein temperamentvolles Akkordeonspiel entgegen. Immer wieder wechselte der schlaksige Musiker seine Position. Stand vom Stuhl auf, setzte ein Bein auf den Stuhl, ging herum. Im Laufe des Abends wechselte auch die Stimmung im Garten. Nach der Dämmerung erhellten bunte Lichter die Bäume und verliehen dem Konzert eine zauberhafte Atmosphäre. Vom Publikum gab es viel Beifall für Pongratz und Gastgeber Hofmüller. Der überlegt, die nächsten Maifestspiele und seine Eigenproduktion der Live-Hörspielabenteuer "Emil und die Detektive" in seinem Garten abzuhalten. "Ihr seid dann alle wieder da?", fragte er. Klar doch, Ehrensache!

© SZ vom 27.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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