Kultur in Gauting:Barfuß-Balladen

Lesezeit: 2 min

Bandleader Gurdon Thomas wird begleitet von Musikerinnen, die so ticken wie er: Sängerin Sandra Hollstein und Regine Wüst mit der Tuba. (Foto: Georgine Treybal)

Der Brite Gurdon Thomas gibt sich bei seinem Folk-Konzert im Gautinger Bosco bodenständig

Von Reinhard Palmer, Gauting

Die Gefahr besteht, dass man eine so unkonventionelle Musik nur schwer angemessen bewerben kann und dann ein paar Skeptiker wegbleiben. Aber die Münchner Gurdan Thomas Band lässt sich davon nicht beirren und geht ihren Weg fern vom Mainstream konsequent weiter. Dass es in die richtige Richtung geht, hat die Begeisterung im Gautinger Bosco eindeutig bestätigt.

Die Sympathie flog der jungen Truppe von Anfang an in voller Breite zu, erst recht bei der spaßigen Moderation des Briten Gurdan Thomas, der sich darin redlich um die Verbesserung seiner Deutschkenntnisse bemühte. Und das hatte bisweilen beste komödiantische Qualitäten. "Ihr seid ziemlich nett", lobte er das belustigte Publikum. Aus dem "Black Country" um Birmingham stammend, zeigte sich der vielseitige Musiker jedenfalls nicht als industriegeschädigter Trauerkloß, sondern vielmehr als ein fantasievoller Spaßvogel, der zudem eine gute Stimme hat und mit ihr bestens umzugehen versteht.

Mit Hosenträgern und Bierflasche in der Hand hatte der barfüßige Thomas etwas Bodenständiges und bezeugte einen Lebensstil seiner Lochhauser Wohngemeinschaft, der sich wenig um die Trends seiner Generation schert. Das ist auch in seiner Musik zu hören, die Thomas selbst komponiert und arrangiert. Auf der neuen CD "The Dark Side Of Gurdan Thomas" geht es durchaus auch dem Titel entsprechend ernst zu, wenn auch keinesfalls depressiv gedrückt.

Damit diese Musik so aufrichtig ankommt, wie sie sich Thomas vorstellt, ist eine Truppe um ihn nötig, die musikalisch genauso tickt wie er. Und das ist wohl die große Stärke der Band, denn hier fügt sich alles spielerisch zusammen, auch wenn viele Wendungen, Brüche, Stimmungswechsel zu bewältigen sind. Die stimmige Vielfalt ist vor allem Michael Hohm zu verdanken, der als Multiinstrumentalist und Sänger gewährleistet, dass sich das Klanggewand permanent wandelt und dabei überraschende Wendungen auch pointiert genug rüberkommen. Ob mit einer südamerikanischen gitarrenähnlichen Charango, der viersaitigen Ukulele aus Hawai, dem Cornet, der Melodika, einer Rassel, mit Kehlkopfgesang oder ins Bariton blasend: Diese Wechsel im Klangkolorit bewirken spannende Entwicklungen, die den einzelnen Stücken eine gewisse rhapsodische Entwicklung verleihen. Jedes Lied wirkt dementsprechend anders, neu, damit auch erfrischend, zumal häufig reggae-artige rhythmische Begleitstrukturen die Musik in einer heiter-beschwingten Vorwärtsbewegung halten.

Als zweite Stimme bereichert Sandra Hollstein den Gesangsbogen intensiv und einfühlsam mit ihrer warmen Altstimme, bisweilen von Hohm in den Tiefen verstärkt. Ihr Akkordeonspiel ist ein wichtiges Element in der folkloristisch grundierten Musik, obgleich sich die Pianistin auf die rechte Hand beschränkt. Die Bässe sind gänzlich in der Hand und Lunge von Regine Wüst, die eng mit ihrer Helikontuba umschlungen für einen mächtigen, plastischen Unterbau sorgt.

Die Gurdan Thomas Band ist im Grunde vierköpfig, wird aber meist vom Schlagzeug verstärkt, das jedoch durchweg im Hintergrund bleibt und nahezu kammermusikalisch mehr perkussionistische Effekte beisteuert als einen durchdringenden Puls. Der ist bereits der Musik immanent, nimmt sich aber nicht gar so wichtig. Die weiten erzählerischen Linien bleiben auf diese Weise deutlich hervorgehoben und können ihren Folk-Charakter zwischen Pop und Weltmusik ungestört pflegen. Erst recht in den von Bandleader Thomas selbst picking-begleiteten Balladen, die ehrlich und berührend ansprechen. Eine wunderbare, beseelte Musik ist das, die köstlich nährt ohne jemals zu übersättigen.

© SZ vom 08.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: