Gauting:Aus Liebe zum Gärtnern

Lesezeit: 2 min

Werner Limmer bei der Quittenernte in seinem Schrebergarten. (Foto: Arlet Ulfers)

Der Gautinger Kleingartenverein vergibt mittlerweile auch Parzellen an ausländische Interessenten. Meistens funktioniert das Miteinander reibungslos. Und der Zulauf ist enorm. Sogar im Winter sind die Lauben belebt

Von Lea Heinrich, Gauting

Frische Luft, frisches Gemüse und vor allem frische Kraft schöpfen die Besitzer der Kleingärten am Ortsrand von Gauting. Insgesamt 62 Parzellen, bestehend aus Garten und Laube, bieten so manchem Naturliebhaber aus der Umgebung eine kleine Oase, in der er zur Ruhe kommen kann.

Vor allem Bewohner von Mietshäusern ohne Gartenanlage mieteten die Parzellen, sagt der Vereinsvorsitzende des Kleingartenvereins Gauting, Werner Limmer. Allerdings ist die Existenz der Gärten nicht gesichert; von der Gemeinde gibt es bis heute kein offizielles Nutzungsrecht. Immerhin können die Bewohner seit gut zwei Jahren Wasser von einem dauerhaft vor der Anlage an der Straße installiertem Hydranten beziehen. Bis 2014 war das eher schwierig. Limmer erzählt, dass zuvor nur ein provisorischer Wasseranschluss auf dem vor den Schrebergärten gelegenen Fahrradweg geduldet wurde, den der Verein zweimal die Woche aufbauen und nutzen durfte. Trotz der organisatorischen Komplikationen wirkt Limmer glücklich. Er bezeichnet sich selbst als leidenschaftlichen Gärtner, das bestätigt sich, wenn man seine Anlage sieht. Stolz zeigt er seinen selbstangebauten Salat, die fast reifen Quitten und den Rhabarber.

Mittlerweile wird in Gauting jedoch nicht nur für die Region typisches Gewächs angebaut, sondern auch Obst und Gemüse, das normalerweise in Ost- und Südeuropa wächst. Das liegt vor allem an der neuen Klientel. In den letzten Jahren verzeichnete der Verein einen hohen Zuwachs an Türken, auch Jugoslawen und Ungarn bewerben sich mittlerweile um einen Anbauplatz. Limmer freut sich über die neu entstehende Gemüse- und Kulturendiversität. Es sei praktisch, das Selbstangepflanzte untereinander zu tauschen. Beispielsweise bekommt der Vorsitzende ab und an ein Stück frisch gebackenes Fladenbrot von den türkischen Nachbarn geschenkt.

Trotz dieser Freundlichkeiten erlebt der 81-Jährige manchmal auch Ressentiments gegen Ausländer. Er erzählt, dass sich in den Kleingärten verschiedene Cliquen bildeten, und so gebe es leider auch Gruppen, die keine Weltoffenheit zeigten und die Immigranten beschimpften. Insgesamt gibt es aber wenige Probleme.

Die meisten Besitzer halten sich an die vorgeschriebenen Verhaltens- und Anbauregeln, deren Beachtung dem ehemaligen Polizisten und Kriminalkommissar wichtig ist. Das Bundeskleingartengesetz schreibt vor, dass ein Drittel der Gartenfläche bepflanzt werden muss, außerdem ist die Aufstellung einer Laube oder eines Gewächshauses verpflichtend. Feste Wasserabzapfzeiten und Regeln zur Einhaltung der Anwohnerruhe kommen hinzu. Im Großen und Ganzen akzeptieren und befolgen die Nutzer die Regeln gerne, denn sonst wäre der Zulauf nicht so enorm.

Denn sogar im Winter treffen sich die Besitzer der Parzellen in den Lauben, obwohl es in den Gärten außer Reparaturarbeiten und Umgraben der Flächen nicht viel zu tun gibt, um auch den kleinsten Sonnenstrahl zu genießen oder einen gemeinsamen Kaffee in den gemütlich eingerichteten Hütten zu trinken.

Die Liebe zu den Kleingärten zeigt sich auch in der meist lebenslangen Nutzung der Flächen. "Wenn man die Liebe zum Gärtnern einmal entdeckt hat, dann verschwindet die meist so schnell nicht wieder", sagt der Vereinsführende mit einem Lächeln. Das liegt sicherlich auch an den moderaten Preisen für die Grundstücke. 35 Cent Miete im Jahr müssen Parzellennutzer pro Quadratmeter zahlen, im Durchschnitt kommt man auf Gesamtkosten von 100 Euro jährlich, inbegriffen sind sämtliche Nebenkosten, erzählt der Kassierer des Vereins Theo Bayer. Im Hinblick auf die kulturelle und biologische Vielfalt hat sein Kollege Limmer wahrscheinlich Recht, wenn er sagt: "Unser Verein ist wahrscheinlich der größte Integrationsverein in ganz Gauting".

© SZ vom 02.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: