Gauting:Aus dem Moment geboren

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Drei Musiker, die aus dem Vollen schöpfen: Pablo Held, Robert Landfermann und Jonas Burgwinkel bei ihrem Auftritt im Bosco. (Foto: Arlet Ulfers)

Das "Pablo Held Trio" führt bei seinem Auftritt im Gautinger Bosco die Kunst der Improvisation vor

Von Reinhard Palmer, Gauting

Die Formation, die als Hoffnungsträger ihres Genres gilt, feiert dieses Jahr ihr zehnjähriges Bestehen. Und doch kommt das Pablo Held Trio immer noch frisch und spontan daher, als würden die drei Musiker darauf brennen, hier und jetzt erst musikalisch Näheres voneinander zu erfahren. Das ist denn wohl auch das Erfolgsrezept der 29- bis 35-Jährigen, die sich nicht eine Stilistik überstülpen, sondern auf ihr Können vertrauen und die Entstehung der Musik ihrer Intuition sowie ihrer momentanen Empfindung überlassen.

Da alle drei aus der weltweit angesehenen Kölner Jazzschule hervorgegangen und mit renommierten Preisen ausgezeichnet worden sind, schöpfen sie aus dem Vollen. Und das tun sie nicht nur in spieltechnischer Hinsicht, sondern auch, was den Umgang mit den vielen Gattungen und Stilen des Jazz betrifft. Darüber hinaus finden sich in diesen set-langen Stücken Elemente der Neuen Musik, insbesondere im Bereich der Minimal Music und der Seriellen Musik.

Die Besonderheit in den Konzerten des Pablo Held Trios ist das Fehlen auskomponierter Elemente, seien es Themen, Motive oder harmonische Schemata. Dennoch grenzt sich das Trio von der Ad-hoc-Improvisation klar ab. Es tauchen zwar auch experimentelle Passagen auf, doch verzichten die Musiker auf die spieltechnische Erweiterung der instrumentalen Möglichkeiten über die übliche Spielweise hinaus. Hier geht es vielmehr darum, aus den begrenzten Gegebenheiten enorm viel zu schöpfen. Wobei die gemeinsamen Improvisationen wohl nicht ganz ohne vorbereitete Dramaturgie ablaufen.

Und das ist auf alle Fälle ein Gewinn, führt es in diesem Fall doch zu einer bemerkenswerten Ensemble-Homogenität. Was nicht mit Gleichschaltung zu verwechseln ist, ganz im Gegenteil. Pablo Held (Klavier), Robert Landfermann (Kontrabass) und Jonas Burgwinkel (Schlagzeug) wahrten bei ihrem Auftritt im Gautinger Kulturzentrum Bosco trotz gemeinsamer Intentionen ihre Eigenständigkeit. Persönliche Ausprägung und Eigenheiten waren nicht nur erlaubt, sondern auch explizit erwünscht, prägten doch gerade diese Elemente einen gegenseitig herausfordernden Part, aus dem dann enorme Vielfalt hervorgehen konnte.

Allerdings kam es nicht nur zu kontrastierenden Reaktionen. Die drei Musiker griffen auch immer wieder Elemente ihrer Mitspieler auf, um sie im Sinne ihrer eigenen Imagination weiterzuführen, zu verarbeiten oder einfach nur aus dem Unisono höchste Intensität zu gewinnen. Letzteres betonte die Wichtigkeit der Textur, des musikalischen Musters. Fragmentierung, nicht enden wollende, hastende Tonreihen, Verdichtung, rhythmische Verschiebungen, Brechungen oder Temposteigerungen waren denn auch deutliche Kennzeichen dieser überaus inspirierten Musik. Auf der anderen Seite kontrastierten damit Passagen von klangsinnlicher Empfindsamkeit und imaginativer Klangfarbigkeit - wie etwa in der balladesken Rachmaninow-Zugabe.

© SZ vom 07.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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