Vier Jahrzehnte lang waren Gauting und das südfranzösische Städtchen Clermont-l'Hérault eng verbandelt: Regelmäßige Besuche, private Freundschaften, einige Ehen, reger Schüleraustausch, Treffen von Sportsfreunden - niemand hätte damit gerechnet, dass sich das ändern könnte. Doch bei den Kommunalwahlen 2014 in Frankreich wurde das Stadtgefüge umgekrempelt: neuer Bürgermeister, neuer Stadtrat, neue Verwaltung - und wenig Interesse an der Städtepartnerschaft. Monatelang versuchten die Gautinger vergeblich, in Kontakt zu kommen, am Ende entschieden sie sich für einen Antrittsbesuch. "Wir wurden sehr freundlich empfangen. Mir scheint aber, kaum auf dem Rückflug, waren wir schon vergessen", sagt Wilhelm Rodrian, der im Rathaus Gauting für die Städtepartnerschaften zuständig ist. Die Freundschaft war 1973 besiegelt worden, als erste im Landkreis Starnberg.
Unabhängig vom Rathaus gibt es gute Kontakte zwischen den Handballern, auch die Leichtathleten treffen sich, eine Gruppe aus dem Jugendzentrum fährt seit Jahren in den Pfingstferien zum Camping an den Lac du Salagou. Kontakte zwischen Volleyballern, Musikschulen und Kunstverein waren im Gespräch. Der Schüleraustausch funktioniere bestens und ganz unabhängig von den Rathäusern, sagt Rodrian.
Allerdings ist auch die Organisation der Fahrten nicht unproblematisch. Wegen eines Lehrerwechsels am Lycée René Gosse in Clermont sei der Austausch heuer nicht zustande gekommen, sagt Sabine Mönch, Fachbetreuerin am Otto-von-Taube-Gymnasium. Zufällig habe das Collège der Nachbargemeinde Paulhan, der Partnergemeinde von Krailling, Interesse an einem Austausch gezeigt. Erst am Mittwoch sind 25 Oberschüler aus Paulhan wieder heim gefahren. "Ich bin ganz zuversichtlich, dass meine Kollegen Marion Schwert und Michael Hoffenstedt ihre Neuntklässler 2018 wieder nach Clermont begleiten können und das Collège uns ebenfalls bleibt."
Sehr zufrieden ist man im Rathaus, dass die Verbindung mit dem südenglischen Städtchen Patchway, die heuer 15 Jahre alt wird, gut läuft. Zum Jubiläum fliegt eine kleine Delegation von 17. bis 21. Mai nach Patchway. "Wir werden dort auch den Clermonteser Bürgermeister Salvador Ruiz treffen und hoffen auf gute Gespräche", sagt Rodrian. Die Verbrüderung mit England war auf Betreiben des damaligen französischen Bürgermeisters Marcel Vidal zustande gekommen. Besonders konstant ist der Austausch zwischen der Realschule und den Schulen in Patchway. In der kommenden Woche wird Englischlehrerin Adriana Scipio acht Schüler zu Praktika an südenglischen Grundschulen begleiten. Die Jugendlichen assistieren im Sportunterricht, lassen sich vorlesen, helfen bei Ausflügen und Festen; an einem Tag hospitieren sie am Community College, üben Konversation und stellen in kleinen Präsentationen Familien und Hobbys vor.
Die Austauschprogramme, die unabhängig von den Städtepartnerschaften florieren, sind indes auch abhängig vom Engagement der Lehrer. So liegt die Organisation des Austauschs der Realschule mit der schottischen Glen Urquhart High School in Drumnadrochit nahe Loch Ness, derzeit auf Eis. "Meine sehr engagierte schottische Kollegin ging in den Ruhestand", bedauert Scipio. "Es läuft hervorragend", sagt dagegen Englischlehrer Uli Nürnberger vom Gymnasium über den Austausch mit der Saint Paul's Highschool in London. "Ich hoffe, dass Deutsch auch in Zukunft für die englischen Schüler interessant bleibt. Wir wollen uns durch den Brexit nicht verschrecken lassen." Als sehr erfolgreich bezeichnet Italienischlehrerin Caroline Weiß die Reisen ihrer Zehntklässler zu Schülern des Liceo Sophie Scholl in Trient. Seit einigen Jahren komme immer eine ganze Klasse mit Deutsch-Schülern aus Italien nach Gauting.