Gauting:Abenteuerlicher Umweg

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Multiinstrumentalisten am Werk: David Helbock, Andreas Broger und Johannes Bär (von links) bei ihrem Auftritt im Bosco. (Foto: Arlet Ulfers)

Das Trio "David Helbock's Random Control" interpretiert im Gautinger Bosco Klassiker neu

Von Reinhard Palmer, Gauting

Der Bühnenaufbau mit dem Instrumentarium deutete auf eine Bigband hin. Als dann nur drei Musiker erschienen, war klar: Das könnte spannend werden. Und das Trio David Helbock's Random Control ging sogleich daran, das Versprechen einzulösen.

Dafür, was die Band im Gautinger Bosco hören ließ, bräuchte man im Normalfall mindestens ein Sextett, denn die Musiker wechselten nicht nur unentwegt die Instrumente, sondern spielten bisweilen mehrere zugleich. Im Multitasking allen voran der agile Johannes Bär, der hauptsächlich für die Blechblasinstrumente zuständig war, beginnend bei Flügelhorn und Trompete über Tuba und Sousaphon bis hin zum Alphorn und einem kompakten Travel-Didgeridoo. Aber Bär band sich auch Percussion-Instrumente um die Knie, um stampfend und schlagend zum Rhythmus beizutragen, wenn er nicht gerade ohnehin die Beatbox gab. Andreas Broger waltete indes in stoischer Haltung über die Holzblasinstrumente, über Saxophone, Klarinetten und Flöten, spielte aber, wenn nötig, auch Flügelhorn oder schlug den Rhythmus.

Neben Percussion-Instrumenten, meist mit dem Fuß bedient, begnügte sich David Helbock mit dem Flügel. Das Instrument war allerdings präpariert, was Helbock viele Möglichkeiten gab, ganze Klangwelten zu kreieren. Der Zauberei nicht genug, kam auch noch Elektronik ins Spiel, allem voran der Sampler, der - während Helbock den Woodblock bediente und pianistisch groovte, Bär ein Duett mit Trompete und Flügelhorn schmetterte und Broger mit zwei Saxophonen die Harmonien füllte - repetitiv und hallig mit geradezu magischen Klängen für eine besondere Atmosphäre sorgte.

Das Trio spielte bekannte Stücke, etwa "My Song" von Keith Jarrett, "In a sentimental Mood" von Duke Ellington, "Take five" von Paul Desmond, eingerahmt von einer alpenländischen Alphornserenade, oder "Spain" von Chick Corea, eingeleitet mit dem Adagio des "Concierto de Aranjuez" von Joaquín Rodrigo. Dennoch war alles gänzlich neu. Denn die Musiker interpretierten auf vielen Ebenen - assoziativ, klangexperimentell, variationsreich. Und vor allem stets nach einer raffinierten Dramaturgie, die einen weiten Spannungsbogen schuf. Was nicht nur mit der ausgeklügelten Wahl der Instrumente zu tun hatte, sondern auch mit vielen kleinen Überraschungen, mit extremen Wendungen zum Beispiel, Stimmungswechseln bis hin zur psychodelisch entrückten Kühle oder zauberhaftem Gezwitscher.

Es ging an diesem Abend schlicht nicht darum, die bekannten Stücke einfach nur zu spielen oder zu reproduzieren. David Helbocks Gruppe zielte vielmehr darauf ab, die hintergründigen Qualitäten der Stücke auf faszinierende Weise offenzulegen, um erst dann allmählich zum jeweils vordergründigen Thema zu gelangen.

Der abenteuerliche Umweg war mithin das Ziel. Und das Publikum in Gauting ging ihn begeistert, ja enthusiastisch mit und bekam noch zwei Zugaben von den Jazzern serviert.

© SZ vom 18.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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