Garatshausen:In voller Blüte

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Flowerpower: Heidi Willberg vor einem ihrer Blütenbilder. (Foto: Fuchs)

Heidi Willberg stellt ihre farbstrotzenden Blumenbilder aus

Von Katja Sebald, Garatshausen

Wer jemals die Sogkraft der Farbe vor einem roten Bild von Rupprecht Geiger oder vor den Münchner Rosenbildern von Cy Twombly gespürt hat, der kann sich vorstellen, wie die Bilder von Heidi Willberg in der aktuellen Ausstellung "Galerie Starnberger See" in Garatshausen wirken. Fünfzehn großformatige und farbstrotzende Leinwände füllen den Galerieraum, sie zeigen riesige pinkfarbene Pfingstrosenblüten, eine einzige glühend rote Mohnblume oder ein Meer aus Anemonen in Violett und Rosé.

Es ist eine überbordende sommerliche Fülle und Pracht, die man geradezu körperlich spüren kann. Die Malerin feiert ihr Farbenfest bevorzugt in den frühen Morgenstunden, wenn das Licht und die Stimmung des Tages noch unverbraucht sind und die Farben wie frisch gewaschen. Dann malt sie so lange, bis sie selbst restlos von Glück erfüllt ist. Im Zen-Buddhismus bezeichnet man diesen Zustand der Leere und des unbedingten Glücks als "Satori" - und so nennt Willberg auch den 2014 und 1015 entstandenen Blumenzyklus.

Die Glücksbilder von Heidi Willberg beruhen jedoch keineswegs allein auf ihrer ungebändigten Farblust, sondern auf einem mehr als soliden malerischen Können. Da ist zunächst die Üppigkeit der mit großzügigem, beinahe wilden Gestus ausgeführten Blüten, die stets im Moment ihrer prachtvollen Entfaltung gezeigt werden: Bei aller Schönheit dürfen sie doch auch als Vanitas-Symbole verstanden werden, die den Betrachter an das unausweichliche Ende des Sommers und an seine eigene Endlichkeit erinnern.

Manche dieser Blüten füllen auf geradezu monumentale Weise das Format, sie sind so groß, als könnte man in sie hineintauchen, wenn man sich dem Bild nähert. Die eigentliche Kraft dieser Bilder beruht aber auf ihrer Vielschichtigkeit: Willberg übermalt, bricht und stört die Schönheit ihrer Blumenmotive, spritzt Farbe auf, lässt sie über die Leinwand laufen, bringt mit Pinsel und Kreide Zeichen und Chiffren auf. Sie fügt Gestisches und Zeichenhaftes ebenso wie Gegenständliches und Abstraktes zu einer komplexen und facettenreichen, aber stets offenen Partitur der Farbe. Und erst so entstehen die expressiv-lyrischen Bildwelten, die weit über das Blumenstillleben hinausreichen und als kraftvolle Gleichnisse für die menschliche Existenz gelesen werden dürfen.

"Großes Glück" bedeute für sie nun auch die Tatsache, dass diese Gemälde die kommenden Wochen in der "Sommerfrische" am Starnberger See verbringen dürfen, sagt die Künstlerin, denn der See erinnere sie an ihre Heimat: Heidi Willberg wurde 1966 in Helsinki geboren, sie begann ihr Kunststudium in Finnland, setzte es 1992 in Freiburg im Breisgau und schließlich an der Akademie der Bildenden Künste in München fort, wo sie 2001 als Meisterschülerin von Jürgen Reipka ihr Diplom machte. Ihre Arbeiten waren in zahlreichen Ausstellungen zu sehen und wurden vielfach ausgezeichnet, die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern und nicht zuletzt die Bayerische Staatsgemäldesammlung haben Ankäufe getätigt. Willberg arbeitet in den Domagkateliers und wird eigentlich von dem Münchner Galeristen Michael Radowitz vertreten, der den Bildzyklus "Satori" Anfang dieses Jahr ebenfalls zeigte und ihn nun nach Garatshausen verliehen hat.

Die Ausstellung "Satori" von Heidi Willberg ist bis 19. September 2015 jeweils freitags von 15 bis 18 Uhr und samstags von 11 bis 14 Uhr in der Galerie Starnberger See, Weylerstraße 6 in Garatshausen, zu sehen.

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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