Garatshausen:Aladins eingesperrter Geist

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Die irakische Künstlerin Iman Mahmud verarbeitet ihre traumatischen Kriegserlebnisse in Bildern, die sich mit dem Unrecht in der Welt, Gewalt und Zwangsheirat auseinandersetzen

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Garatshausen

In der westlichen Welt ist es die gute Fee, die drei Wünsche erfüllt; in den Märchen aus 1001 Nacht ist es der Flaschengeist. Die Künstlerin Iman Mahmud lebt in beiden Welten: Neun Jahre lang studierte sie Kunst und Grafik in ihrer Heimat Irak. Sie erlebte die Kriege in den 1980er und 90er Jahren, bis sie 1998 aus ihrer Geburtsstadt Bagdad floh. Seit dem Jahr 2000 lebt und arbeitet sie in München. Damals dachte sie noch, sie könnte wieder in ihre Heimat und zu ihrer Familie zurückkehren. Doch als 2003 der Zweite Golfkrieg kam, rückte dieser sehnlichste Wunsch in weite Ferne. Seither träumt sie von Aladins Wunderlampe aus den Geschichten aus 1001 Nacht und setzt das in ihren Bildern um.

Die iranische Malerin Iman Mahmud. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Lässt man den Geist frei, hat man drei Wünsche frei. "Für mich sind die drei Wünsche Frieden, Frieden, Frieden", sagte sie bei der Eröffnung der Ausstellung "Orientalische Reise" am Samstag in der Galerie Starnberger See in Garatshausen. Die Ausstellung ist bis 4. Mai zu den Öffnungszeiten der Galerie jeweils samstags von 11 bis 14 Uhr zu sehen.

Mahmuds Bilder sind geprägt von ihrer persönlichen Geschichte, von den arabischen Frauen, die Opfer von Krieg, Gewalt und Zwangsheirat sind, und von ihrem Jahrtausende alten Kulturkreis. Den Irak hat sie mit nur einem Koffer verlassen. Fern von der Heimat stellte sie sobald sie ihren Koffer berührte fest, dass sie verbunden war mit dem Geschehen aus vergangener Zeit und den Spuren, die die Menschen hinterlassen haben. Ihre Kunst erlaubt es ihr, zur Kultur ihrer Kindheit zurückzukehren - zur mystischen Welt des Orients. Mit dem leicht abgewandelten Zitat von Pablo Picasso "Kunst ist der beste Weg, um sich einem fremden Kulturkreis zu nähern", brachte Galerie-Miteigentümer Peter Czernich in seiner Laudatio das Anliegen der Künstlerin auf den Punkt. "Die Bilder sprechen für sich selbst, wenn man bereit ist, zuzuhören."

Für die Küntlerin enthalten harmlos erscheinende Stillleben eine politische Botschaft: Die Sehnsucht nach Freiheit und Frieden. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Auch die Flüchtlingswelle seit 2015 hat Mahmud stark beeinflusst. Seit etwa zwei Jahren malt sie eine Serie von Ölgemälden mit dem immer gleichen Motiv: Es sind die Gefäße aus der magischen Höhle, in der Aladin die Wunderlampe findet. Die Darstellung der Flaschen, Schalen oder geschlossenen Gefäße ist plastisch und von fast fotografischem Realismus. Doch der Detailnaturalismus, der durchaus etwas Märchenhaftes hat, geht tiefer. In den Gefäßen in Farben von intensiver Leuchtkraft vor schwarzem Hochglanzhintergrund ist der Geist eingeschlossen. Manchmal sind die Flaschen oder Schalen auch offen und gefüllt mit ziselierendem Goldstaub, als ob sich der Geist in der Flasche gerade materialisieren würde. Mit ihren Bildern malt sie an gegen das Unrecht in der Welt. "Im Irak herrscht Krieg ohne Ende", sagt sie. Ihre Bilder seien politisch. Die Malerei empfindet Iman Mahmud als reinigend. Damit könne sie die negative Energie ins Positive verwandeln und diese Wandlung sei für sie ein erster heilsamer Schritt.

Die Künstlerin ist überzeugt davon, dass die Welt am Mangel an Frieden und Liebe erkrankt ist. Daher sollte jeder Mensch bei sich selbst anfangen und Frieden mit sich schließen. Erst wenn man selbst zur Liebe fähig sei, kehre sie zurück in die Welt. Iman Mahmuds Werke waren bereits in Ausstellungen in der ganzen Welt - in Europa, Dubai, Russland oder Ägypten - zu sehen. Für die Galerie Starnberger See ist es das erste Mal, dass eine Künstlerin aus einem fremden Kulturkreis ausgestellt wird.

© SZ vom 26.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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