Gänse am Ammersee:Zaun statt Seeadler

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Mike Wiedner und Perer Saur vom Herrschinger Bauhof beim Aufbau des Zauns, noch halten die Gänse im Hintergrund respektvoll Abstand. (Foto: Foto: Gemeinde Herrsching)

Herrschings Bürgermeister Christian Schiller darf die Tiere nicht wie geplant mit einem Raubvogel vergrämen lassen. Nun baut die Gemeinde eine Barriere auf, um Badegäste zu schützen

Von Armin Greune, Herrsching

Mehr als ein Zaun ist heuer nicht drin. Lange hat die Gemeinde mit Behörden und Jägern verhandelt, wie man der Verunreinigung des Seeufers durch Gänsekot begegnen kann. Herrschings Bürgermeister Christian Schiller nahm sogar Kontakt mit einem Falkner aus Tschechien auf, der die Gänse mit einem Seeadler bejagen und vergrämen sollte. Daraus wird zumindest heuer nichts: Bei einem Gespräch mit der Staatsregierung wurde der Gemeinde empfohlen, bis auf die Jagd alle übrigen Maßnahmen zu nutzen, um der vermeintlichen oder tatsächlichen Gänseplage Herr zu werden. Erst für das kommende Jahr besteht die Aussicht, verschiedene Methoden der Vergrämung einschließlich der Jagd zu erproben.

So haben nun Mitarbeiter des kommunalen Bauhofs am Dienstag einen Zaun rund um den Alten Sportplatz im nördlichen Bereich der Herrschinger Uferpromenade aufgestellt. Dort halten sich die Grau-, Kanada- und Nilgänse bevorzugt auf; mehr als 200 hat Schiller auf der Wiese bereits gezählt. Die neue, gut einen Meter hohe Einfriedung ist rasch wieder ab- und aufzubauen, falls es bei Veranstaltungen nötig wird. Für die Sportplatzbesucher wurden Durchschlüpfe freigelassen, den Gänsen aber bleibt zumindest noch in den kommenden Wochen der Zutritt verwehrt: Weil sie von Ende Mai bis Juli ihr Gefieder wechseln, sind sie flugunfähig und können den Zaun nicht überwinden - das verspricht sich zumindest die Gemeinde von der Barriere. Gerade zur Zeit der Mauser sei der Alte Sportplatz der für Gänse attraktivste Teil der Seeanlagen, weil er ihnen saftiges Gras zum Äsen und gleichzeitig gut überschaubare Fluchtwege nach allen Seiten biete, sagt Franziska Kalz, Mitarbeiterin für Umwelt im Herrschinger Rathaus. "Wir hoffen, damit der massiven Verkotung auf dem Sportplatz entgegenwirken zu können", sagt Schiller. Spätestens Ende Juli soll der Zaun wieder abgebaut und eingelagert werden.

Ständig treffen im Rathaus Beschwerden von Bürgern und Erholungssuchenden über die zunehmende Verunreinigung der Seepromenade ein. Auch für das gehäufte Auftreten von Zerkarien, die bei Badenden im Hochsommer einen juckenden Ausschlag verursachen, werden die Gänse verantwortlich gemacht. Allerdings werden Zerkarien eher von Enten, die im Wasser und nicht auf Liegewiesen koten, ausgeschieden. In Herrsching hat man in den vergangenen Jahren schon vieles vergeblich ausprobiert, um der Gänseinvasion Herr zu werden: Hunde sollten sie verscheuchen, Schilder wurden aufgestellt, die auf ein Fütterungsverbot der Wasservögel hinwiesen, Jäger durften ausnahmsweise schon zwei Wochen vor Ablauf der Schonzeit im August auf Gänse schießen.

Eben diese Aufhebung der Schonzeit war auch bei dem jüngsten Gespräch Mitte Juni mit Jagd- und Naturschutzbehörden das entscheidende Hindernis. Das Jagdrecht sieht nämlich diese Möglichkeit nur dann vor, wenn bezifferbare Wildschäden an land- oder forstwirtschaftlichen Kulturen eingetreten oder zu befürchten sind - was auf Bade- und Erholungsflächen nicht zutrifft. Und das Jagdrecht gilt auch für die Beizjagd mit Greifvögeln. Immerhin hat Schiller im Beauftragten für Bürokratieabbau Walter Nussel einen Verbündeten in der Staatsregierung gewonnen. Für das Jahr 2019 hätten die Behörden signalisiert, dass sie im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie der Erprobung verschiedener Strategien zur Vergrämung der Gänse zustimmen könnten - auch die Falknerei oder der Abschuss der Tiere könnten so getestet werden. Für heuer aber war die Zeit zu knapp, um noch ein Forschungsprojekt finanziell und organisatorisch auf die Beine zu stellen. Schiller hätte am liebsten noch im Mai den Seeadler losgelassen, um die Gänse den Sommer über von den Seeanlagen fernzuhalten. Aber auch so hätte er es nicht allen Anrufern im Rathaus recht machen können: "Es gibt auch Bürger, die sich freuen, hier mit ihren Kindern und Enkeln Wasservögel zu erleben", sagt Kalz.

© SZ vom 27.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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