Film-Festival:Schrecken des Krieges

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"Das rote Rad" scheint dem Jungen Halt zu geben. Allein und ziellos irrt er im Film von Nicolas Ehret durch eine vom Krieg zerrüttete Landschaft. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Short-Plus-Award geht an Nicolas Ehrets Film "Das rote Rad"

Von Blanche Mamer, Gauting

Seit 2011 haben die Short-Plus-Filme ihren festen Platz im Fünfseen-Filmfestival. Es gab sehr viele Einsendungen, erklärt Barbara Winkler vom Verein Weitwinkel zu Beginn der Reihe. Seit Februar sind die Filme gesichtet und beim wöchentlichen Brainstorming der Vereinsmitglieder bewertet worden. Schließlich sind dreizehn in den Wettbewerb gekommen und im Kino gezeigt worden, in vier Staffeln, lose nach Themen geordnet. Nach jeder Staffel aus drei oder vier Filmen konnte das Publikum sein Votum abgeben.

Unter den Filmen, die von ernsten Frauenthemen handeln, von schwierigen Erfahrungen in der Kindheit erzählen, politische und soziale Besonderheiten zeigen oder auch als tragische Komödien durchgehen, gibt es drei Filme, die vom Krieg handeln. Einer davon "Das rote Rad" von Nicolas Ehret ist am besten beim Publikum angekommen und Freitag um Mitternacht von Michael Sturm, Vizebürgermeister von Weßling, ausgezeichnet worden.

Ein kleiner Junge werkelt an seinem schönen roten Fahrrad und ist gerade dabei seine kleine Ziege am Schutzblech fest zu binden, als Tiefflieger und ein Lastwagen voller Soldaten mit Maschinengewehren einen Flüchtenden jagen. Der Kleine hat sich rechtzeitig versteckt, doch seine Mutter und die Ziege sind bei dem Angriff ums Leben gekommen. Es ist irgendein Krieg, irgendwo. Mit seinem Fahrrad macht sich der Bub auf den Weg durch eine chaotische Landschaft; er hat kein Ziel, weiß nicht wohin, hat nichts zu essen, friert, wird von einer Kinderbande verprügelt, stolpert über ein Schlachtfeld, schließt sich einer Gruppe Soldaten an.

"Was soll ich denn nun damit machen?" fragt eine ältere Zuschauerin den Regisseur. "Ich habe meinen Vater im Krieg verloren, habe lange gebraucht, bis ich nicht mehr davon geträumt habe." Ehret, der zwei Jahre an dem Stoff gearbeitet hat, ist sichtlich betroffen und erklärt, er sei zwei Monate im Irak, nahe Mossul gewesen und habe gesehen, was der Krieg mit den Menschen mache. "Wir leben hier in einer Blase von Frieden und Wohlstand. Das sollte man nicht als selbstverständlich nehmen und sich dafür einsetzen, dass es so bleibt", sagt Ehret. Der namenlose Junge, gespielt von Paul-André Patiño Poulat, sei über einen Cast aus zirka 40 Kindern gefunden worden. Paul-André habe die Geschichte gut verkraftet und kein Trauma, erklärt Ehret. "Der Junge hat eine Zukunft, vielleicht hat er Familie, vielleicht ist er mein Vater. Ich finde den Film sehr berührend", meint eine andere Zuschauerin. Gut findet sie auch, dass der Kölner Filmemacher mit sehr wenig Text und extrem wenig Musik ausgekommen ist. Das verstärke die Eindringlichkeit und die Wucht der Bilder.

Eindringlich und hinreißend zugleich ist auch die Geschichte von "Aurora", einem kleinen Mädchen mit betörenden Augen, das mit seinem Vater einen Ausflug in die Alpen macht, um einen Sternschnuppenregen zu beobachten. Das Drama von Philip Escobar Jung spiegelt das Innenleben des Mädchens in der Wetterkonstellation. Mit dem heiteren Streifen "Die Schwingen des Geistes" zeigt der österreichische Regisseur Albert Meisl als letzen Film ein brillantes Stück Humor um die Freunde Szabo und Fitzthum.

© SZ vom 10.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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