Feldafing:Virtuoser Auftakt

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Die Reihe „Jazz am See“ eröffnete die Saison mit dem Karl Ratzer Trio in der Besetzung (von links) Karl Ratzer, Peter Herbert und Howard Curtis. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Reihe "Jazz am See" beginnt reizvoll mit dem Karl Ratzer Trio

Von Reinhard Palmer, Feldafing

Der musikalische Bogen, den der Wiener Gitarrist Karl Ratzer in seinem Leben geschlagen hat und immer weiter zieht, hätte kaum umfassender sein können. Mit 22 Jahren in die USA zu gehen, war wohl seine wichtigste Entscheidung. Konnte er doch dort nicht nur mit den Großen der 1970er Jahre konzertieren, sondern vor allem verschiedene Musikgattungen und Stile - Funk, Soul, Jazz, Blues - ausprobieren und deren Eigenheiten in seinen Fundus aufnehmen. Als österreichischer Rockstar brach er auf, als international renommierter Universalist kehrte er zurück. Ratzer bediente sich am Samstag im fast ausverkauften Feldafinger Bürgersaal zum Saisonstart der Konzertreihe "Jazz am See" aus seinem Fundus nicht nur großzügig, sondern auch in virtuoser Weise.

Spieltechnisch gibt es für Ratzer kaum Barrieren. So vermag er die reiche Differenzierung nahtlos und mit einer gewissen natürlichen Geschmeidigkeit zu einer schlüssigen Gesamtform zu verschmelzen, ohne die Prämissen des Jazz zu vernachlässigen. Aber klar: Es geht nur mit so wunderbaren Mitspielern wie Peter Herbert am Kontrabass und Howard Curtis am Schlagzeug. Sie fanden sich mit schlafwandlerischer Sicherheit in Ratzers Signalen zurecht, brachten aber auch eigene Ideen maßvoll ein. Grundsätzlich legte das Trio Wert darauf, den Themen melodische Qualitäten abzugewinnen, und selbst in den rasant-virtuosesten Soli den Bezug zur Thematik nicht zu verlieren. In seinen wenigen Gesangseinlagen verwandelte Ratzer Textaussagen in seelentiefe Empfindsamkeit.

Was Bassist Herbert, der in Linz lehrt, spieltechnisch drauf hat, konnte er in einem ausladenden Intro zu Wayne Shorters "Foot Prints" von 1966 zelebrieren: Ein virtuoses Präludium mit fahrig-expressiven Verdichtungen, bevor sich Herbert in eine ostinate Begleitfigur zurückzog. Streichbass kam nur einmal zum Einsatz, dann aber getaucht in reich differenzierten Klangzauber. Auf die klanglichen Ausprägungen kam es auch Curtis am Schlagzeug besonders an. Seine Rhythmusmaschinerie blieb durchweg erstaunlich zurückhaltend, doch überaus reizvoll in der farblichen Gestaltung, klar und transparent im Duktus. Aber nicht nur: Mit gestimmten Fellen machte das neue Schlagzeug des Veranstalters auch melodisches Spiel möglich. Faszinierend auch Curtis' perfektionistische Wirbeltechnik, mit der er plastische geformte Tremolo-Melodien sang. Anders in "Conception" des Briten George Shearing von 1950, wo Curtis mit Wirbeln den packenden Drive akzentuierte.

Auf derart feinsinnige Klanggestaltung ließ sich Ratzer schon mit der Wahl des Instruments ein. Seine halbakustische blaue Gitarre aus der Kärntner Werkstatt von Gregor Rogy liefert einen dunklen, gerundeten Klang. Mit sauberer Plektrum-Technik vermochte Ratzer sein Spiel auch durchsichtig zu halten und schon mal Ansatzweise in Rock-Riff-Manier einprägsame Phrasen unterzumischen. Eine funky Nummer durfte natürlich nicht fehlen. Dann musste es einfach auch mal kerniger und substanzvoller werden. Das Karl Ratzer Trio suchte aber auch immer wieder die vergnügliche Note. Mit beschwingten Titeln wie "Down for R&B" (in Memoriam Ray Brown) oder bluesiger in "My Time" riss das Ensemble mit - und die Zuhörer zu begeisterten Ovationen hin.

© SZ vom 09.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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