Feldafing:Kein Beinbruch

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Überraschende Experimente zum Abschluss des SeeJazz-Festivals

Von Reinhard Palmer, Feldafing

Ein Festival ist nicht nur eine Reihe von Auftritten. Die Verdichtung der Veranstaltungen muss außergewöhnliche Inhalte oder eine besondere Atmosphäre bieten und eine enge Verbindung zu Ort und Publikum herstellen, um dem Namen "Festival" gerecht zu werden. So etwas kann man nicht planen oder verordnen, nur mit der richtigen Wahl von Ort und Zeit ermöglichen. Und das ist dem 3. SeeJazz-Festival rund um den Starnberger See heuer zweifelsohne gelungen.

Dass ausgerechnet beim Abschlusskonzert nichts wie geplant lief, war dann auch kein Beinbruch. Harfenistin Kathrin Pechlof musste wegen Blinddarmdurchbruchs absagen und das Wetter durchkreuzte den Plan, das Konzert auf der Roseninsel durchzuführen. Doch Kontrabassist Robert Landfermann stellte eiligst eine neue Formation zusammen, die im Feldafinger Bürgersaal einen adäquaten Raum fand. Obgleich die Robert Landfermann All Stars in dieser Zusammensetzung noch nie gemeinsam gespielt hatten, ergab sich ein runder Abschluss - auch solche Überraschungen und Experimente gehören zu einem Festival. Landfermann und der Schweizer Silvio Morger (Schlagzeug) arbeiteten einhellig an der minimalistischen, absolut exakten und zuverlässigen Rhythmusmaschinerie - vor allem, wenn sie die Rastlosigkeit des Bebop zu unterlegten. Die beiden Saxophonisten konnten so ihre sehr unterschiedlichen musikalischen Charaktere entfalten und Spannung aufbauen. Sebastian Gille ist ein angriffsfreudiger Musiker, der klangliche Schärfen, Ecken und Kanten geradezu sucht: Repetitive Kurzmotive erzeugen dabei Eindringlichkeit. Ganz anders Jason Seizer, der älteste im Bunde: Er nutzte den warmen, melodiösen Klang, um weite Bögen zu schlagen. Eine überaus reizvolle Variante fanden die Bläser im luftreich plastischen Formen von Themen, die im Duett eine gewisse träge Ungenauigkeit gegen die Prägnanz des Rhythmus stellten, bis sich die Stimmen verdichteten und in wilden Attacken kulminierten. Standards wurden in dieser Eigentümlichkeit zu Raritäten, vor allem, wenn die Musiker zu jammen begannen. Besonders schön wirkten indes die lyrischen Balladen mit imaginativem Farbenreichtum.

© SZ vom 22.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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