Feldafing:Im vollendeten Gleichklang

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Er war der Star des Abends bei der Eröffnung der Musiktage in Feldafing: Kit Armstrong. (Foto: Thiel)

Münchner Kammerorchester eröffnet die Musiktage Feldafing

Von Reinhard Szyszka, Feldafing

Die Musiktage Feldafing sind ein Phänomen: Ein Verein für Nachbarschaftshilfe stellt ein Musikfestival auf die Beine, das höchsten Ansprüchen genügt. Dem Verein "Jeder für jeden" gelingt das jetzt schon im dritten Jahr. Und wie in den Vorjahren ist Star-Pianist Kit Armstrong mit von der Partie, ebenso die ortsansässige Pianistin Margarita Höhenrieder. Wer allerdings ein Déjà-vu erwartet, unterschätzt die Unternehmungslust und den Mut des Vereins. Waren die früheren Musiktage auf Kammermusik fokussiert, so gastierte jetzt beim Eröffnungskonzert am Freitag erstmalig ein Orchester.

Das Münchner Kammerorchester eröffnete den Abend mit Introduktion und Allegro von Edward Elgar. Der Komponist hat dem Streichorchester ein solistisch agierendes Streichquartett gegenüber gestellt, und der Primarius dieses Quartetts, Daniel Giglberger, leitete das Orchester vom Instrument aus. Und es ging auch ohne Dirigent. Obwohl sich die Musiker nicht kompakt aufstellen konnten, weil ein Großteil der Bühne von zwei Flügeln eingenommen war, klappte die Verständigung problemlos. Winzigste Zeichen von Giglberger genügten, um eine differenzierte Interpretation mit feinen Temporückungen und dynamischen Abstufungen entstehen zu lassen. Das ideale Einstiegsstück, mit dem die Münchner ihre hohe Streicherkultur demonstrieren konnten!

Dann traten einige Bläser hinzu, und mitten zwischen ihnen, ganz unauffällig, der Star des Abends: Kit Armstrong. Erst als der Pianist bei Daniel Giglberger stand und ihm die Hand schüttelte, entdeckte ihn das Publikum und begrüßte ihn mit gebührendem Applaus. Auf dem Programm stand Mozarts B-Dur-Klavierkonzert. Da Giglberger wieder vom ersten Geigenpult aus das Orchester steuerte, stand er neben dem Pianisten, was die Kommunikation förderte. Armstrong spielte mit müheloser Virtuosität, und sein Ausdrucksspektrum reichte von zartesten Schattierungen im langsamen Satz bis zum mächtigen Klavierdonner in der finalen Kadenz.

War es bis dahin schon ein gelungener Abend gewesen, so setzten die Musiker nach der Pause noch eins drauf, als Margarita Höhenrieder gemeinsam mit Armstrong Mozarts Es-Dur-Konzert für zwei Klaviere darbot. Armstrong, ganz Kavalier, überließ seiner Kollegin das erste Klavier, was ihm aber nicht schwerfiel, denn beide Soloparts sind völlig gleichwertig, sowohl im technischen Anspruch als auch in der musikalischen Substanz. Und wie homogen, wie partnerschaftlich Höhenrieder und Armstrong miteinander und mit dem Orchester interagierten, und die perfekte Harmonie der Pianisten muss man erlebt haben. Zwei durchaus verschiedene Künstlerpersönlichkeiten, die doch im vollendeten Gleichklang miteinander musizierten.

Die Pianisten bedankten sich für den wohlverdienten Applaus mit einem vierhändigen Stück: Schuberts d-Moll-Polonaise. Dies schlug die Brücke zum letzten Werk des Abends. Die B-Dur-Sinfonie ist der sinfonische Geniestreich des jungen Schubert, und das Münchner Kammerorchester lieferte eine Interpretation aus einem Guss. Schön austarierte, flotte Tempi ließen keine Langeweile aufkommen. Angesichts des sehr umfangreichen Programms hätte man sich allerdings die Wiederholungen im ersten und im letzten Satz besser geschenkt. Dennoch: ein mitreißender Ausklang eines gelungenen Konzerts. Die Musiktage Feldafing sind um eine Facette reicher.

© SZ vom 11.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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