Feldafing:Im Schatten des Vaters

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Die Feldafinger Musiktage widmen dem vernachlässigten Komponisten Franz Xaver Mozart ein Kammerkonzert

Von REINHARD PALMER, Feldafing

Mit einem spannenden musikalischen Ereignis haben die dritten Feldafinger Musiktage aufgewartet. Nur wenige Konzertgänger konnten bisher mit dem Komponisten Franz Xaver Wolfgang Mozart etwas anfangen. Ihm einen ganzen Kammermusikabend zu widmen, war daher ein Wagnis. Doch die glänzende Besetzung mit Margarita Höhenrieder (Klavier), Linus Roth (Violine), Wenting Kang (Viola), Julius Berger (Violoncello) sowie Marie Tremblay-Schmalhofer (Sopran) zog viel Publikum an, die Neugierde auf die dritte Mozartgeneration half dabei gewiss mit.

Zwar starb Wolfgang Amadeus nur wenige Monate nach der Franz Xavers Geburt, doch der überaus begabte Sohn stand zeitlebens unter dem Schatten des übermächtigen Komponisten. Wie schnell auch Franz Xavers musikalische Entwicklung war, beweist das Klavierquartett g-Moll op. 1, das er im Alter von elf schrieb. Besonders erstaunt hier seine Fähigkeit, mit Klangkonstellationen zu arbeiten und im Ensemblesatz eigenwillige harmonische Konstruktionen wirkungsvoll zu exponieren. Seine frühe Reife äußert sich auch in der Reduktion des Materials und im Mut zur Schlichtheit: Wie etwa im gesanglichen Adagio, in dem warmer Schönklang zur leidenschaftlichen Moll-Klage changiert. Auch das Thema des Schlusssatzes war eine simple Liedmelodie, die aber anschließend in den Charaktervariationen vom Ensemble des Abends fulminant durchdekliniert wurde.

Wie das Klavierquartett wiesen auch die vorgestellten Sonatensätze Franz Xaver Mozarts stets eine schlüssige Dramaturgie auf, die Ausführenden nutzten sie wirkungsvoll für packende Spannungsbögen. Die Lieder op. 21/4 und op. 27/1-3, die Tremblay-Schmalhofer eher arienhaft mit starkem Vibrato vortrug, demonstrierten, dass der vernachlässigte Komponist ein entschiedener und gewandter Melodiebildner war. In den kammermusikalischen Werken kulminierten klare Linien in emporwachsenden Verdichtungen, die virtuos ausgestaltet sein konnten. Roth und Berger fokussierten allerdings eher die thematische Arbeit und Klangbildung: Darin offenbarte sich Franz Xaver kaum als Sohn des großen Wolfgang Amadeus, sondern als Vertreter seiner Zeit auf dem Weg zur Romantik. Offenbar wurde dies von seinen Zeitgenossen aber nicht wahrgenommen, obgleich Schumann, Moscheles, von Weber und Onslow zu seinen Freunden zählten. Franz Xavers eigenständige musikalische Persönlichkeit blieb bis in unsere Zeit vernachlässigt. In Feldafing aber gab die eindrucksvolle Präsentation des engagierten Ensembles Anlass für lang anhaltenden Applaus.

© SZ vom 12.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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