Weltkulturerbe Roseninsel:Der gefährdete Schatz

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Zum Welterbetag informieren Fachleute die Besucher über die prähistorischen Pfahlbauten der Roseninsel. Dem Unterwasserdenkmal setzen in letzter Zeit gut ausgerüstete Raubgräber zu

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Feldafing

Stefan Dziwis zwängt sich in seinen Taucheranzug. Mehrere Schichten übereinander sind notwendig, damit er nicht friert, wenn er stundenlang die Pfahlbauten im Uferbereich vor der Roseninsel vermisst. Heute können die Besucher auf der Roseninsel seinen Tauchgang live auf dem Monitor verfolgen. Noch ist alles Grau in Grau, denn das Wasser des Starnberger Sees ist aufgewühlt. Dann ist schattenhaft der Forschungstaucher zu sehen, und endlich taucht ein Pfahl auf.

Dziwis vermisst den Eichenpfahl, der aussieht wie ein spitzer Stein. Wie Tobias Pflederer von der Bayerischen Gesellschaft für Unterwasserarchäologie den Besuchern erklärt, ist das Ding deshalb so spitz, weil es jahrtausendelang vom Wasser abgeschliffen worden ist. Zum Welterbetag am Sonntag gaben die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung, das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege und die Bayerische Gesellschaft für Unterwasserarchäologie Einblick in 6000 Jahre Inselgeschichte. Nach sintflutartigen Regenfällen blicken die etwa 20 Helfer immer wieder besorgt zum Himmel. Sie hatten mit 500 Besuchern gerechnet, doch bei dem Wetter kam gerade mal ein Fünftel.

Die meisten Besucher denken, dass das von König Maximilian II. erbaute Casino mit dem von Joseph Lenné entworfenen Rosenrondell zum Welterbe zählt. Doch es sind die Pfahlbauten, die unter zirka 1000 Siedlungen im Alpenraum für das Welterbe ausgewählt wurden. Die Roseninsel war schon im 5. Jahrhundert vor Christus von Kelten bewohnt, die Pfahlbauten stammen aus der Bronze- und Eisenzeit. Im Mittelalter lebte dort niederer Adel in einer Burg, die über eine Brücke vom Seeufer aus erreichbar war. Laut Professor Sebastian Sommer vom Landesamt für Denkmalpflege sind die Funde vor der Roseninsel vom sauerstoffarmen Wasser des Sees sehr gut konserviert worden. Hier könne man Entwicklung und Alltag der vorchristlichen Siedlungsgeschichte sehr genau datieren, erklärt er. Deshalb müsse man dieses Welterbe für die Zukunft erhalten.

Das ist gar nicht so einfach. Zum einen nehmen die Palisaden, die zum Teil nur von wenigen Zentimetern Schlammschicht bedeckt sind, auf der Wetterseite der Insel Schaden durch die Wellenbewegungen. Zum anderen gibt es immer wieder Schatzsucher und Raubgräber, die laut Pflederer erstaunlich professionell ausgerüstet sind. Sie kommen mit Unterwassermetallsuchgeräten und entwenden nicht nur wertvolle Fundstücke , sondern zerstören auch die streng geschützten Fundstellen. Auf die Frage von Besuchern, ob sie schon Gold gefunden hätten, reagieren die Taucher daher relativ genervt. Die Räuber seien in den vergangenen Jahren "entschieden ruchloser" geworden, bedauert Uwe Gerd Schatz von der Schlösser- und Seenverwaltung. Den Welterbetag will das Team zum Anlass nehmen, die Besucher dafür zu sensibilisieren, wie man diese bedeutende Siedlungsstätte schützen kann. Es wird ein neuer Flyer verteilt, später sollen Bojen mit Hinweisschildern an Ort und Stelle folgen. Auch an den neun Stationen, etwa im Museum, auf den Bootstouren oder beim Kinderprogramm mit Eignungstest in Unterwasserarchäologie, werden Besucher aufgeklärt, welche Gefahr durch den Einfluss von Mensch und Natur für das Welterbe entsteht. Fährmann Stefan Seerieder hat zwar in zwei Stunden nur 100 Besucher zur Roseninsel gebracht, aber er ist trotzdem zufrieden. Es interessiere ihn selbst, was man heute über die Insel erfahren könne, sagt er, das werde er später den Gästen bei der Überfahrt erzählen.

© SZ vom 06.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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