Expertenrat:Vorsicht giftig!

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Pilzsammler durchkämmen dieser Tage die Wälder im Fünfseenland, doch ein Schwammerlessen birgt Gefahren. Schließlich sind von den 3000 Arten, die es im Landkreis gibt, bis zu 250 mehr oder minder toxisch

Von Max Wochinger, Starnberg

Sonne, Regen, Sonne, Regen, Sonne: Das wechselhafte Wetter lässt zurzeit die Pilze sprießen. Für die Pilzsucher hat die Saison begonnen. Diese startet heuer außergewöhnlich früh, sagt Pilzsachverständiger Peter Karasch, und mit ihr die Gefahr von Pilzvergiftungen. Mehr als 3000 Pilzarten gibt es im Fünfseenland, erklärt Karasch von der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft. Davon sind 150 bis 250 "mehr oder minder giftig", 12 bis 15 Arten sogar "potenziell tödlich". Acht dieser besonders gefährlichen Pilze seien oft im Landkreis zu finden. Der Spitzgebuckelte Rauhkopf, Pantherpilz und Kahle Krempling sind nur einige von ihnen.

Zur Vorsicht ist im Moment vor allem vor dem Grünen Knollenblätterpilz geraten. "Er ist für 90 Prozent aller Pilzvergiftungen in Deutschland verantwortlich, denn er wird leicht mit dem Champignon verwechselt", so Karasch. Unterscheiden kann man die Pilze anhand der Lamellenfarbe: Grüne Knollenblätterpilze haben weiße Lamellen, die der Champignons sind leicht rosa.

Damit es erst gar nicht zu einer Vergiftung kommt, sollten Pilzsammler achtsam sein. Je giftiger der Pilz, um so schöner die Kappe, heißt ein altes Sprichwort. Das stimmt jedoch nicht: Giftige Pilze sind leicht zu verwechseln und mitunter nicht sehr ansehnlich. Halbwissen ist gefährlich. Wer sich seines Pilzes nicht sicher ist, sollte unbedingt einen Pilzsachverständigen aufsuchen. Die nächstgelegene Beratungsstelle ist in den Rathäusern am Münchner Marienplatz und in Pasing. Jeden Montag gibt es dort eine kostenlose Auskunft.

Renate Grünert aus Gilching leitet die Beratung in München. Seit 100 Jahren gibt es sie am Marienplatz schon, sagt ihr Ehemann Helmut. Er ist erster Vorsitzender des "Verein für Pilzkunde München". Während des Ersten Weltkriegs sei der Verein von staatlicher Seite unterstützt worden, sagt er, da die Bevölkerung wegen der aufkommenden Lebensmittelknappheit die eiweißreichen Pilze essen sollte. Damit es nicht zu Vergiftungen kam, bot der Verein die Beratungen an.

Bis vor 25 Jahren gab es auch in Gilching eine solche Beratungsstelle. Als Bürgermeister Heinrich Will aus dem Amt schied, verschwand auch die Pilzauskunft. Sehr zum Bedauern von Helmut Grünert: "Die staatlichen Stellen und Gemeinden ziehen sich aus der Verantwortung zurück, und verlassen sich auf die wenigen ehrenamtlichen Pilzsachverständigen." Doch die Berater seien nach einer kostspieligen Ausbildung nicht für den Kochtopf Anderer zuständig, sagt der Pilzexperte. Er und seine Mitstreiter setzen sich seit Jahrzehnten für mehr Beratungsstellen ein. Vor allem im pilzreichen Fünfseenland bräuchte es eine.

Mykologe Peter Karasch warnt vor giftigen Schwammerln: Etwa vor dem Grünen Knollenblätterpilz. (Foto: Franz X. Fuchs)

Barbara Beck von der Pressestelle des Landratsamts Starnberg sieht ihre Behörde aber nicht in der Pflicht, vor möglichen Pilzvergiftungen zu warnen. Die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt sorgt sich indes mehr um das Wohl des Ökosystems Wald. In einer Mitteilung schreibt das Amt, dass Pilze zu den besonders geschützten Arten gehören und wichtig für den Wald seien. Deshalb sei das Sammeln und Verarbeiten von Pilzen nach den Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes eigentlich auch verboten. Eine Ausnahmeregelung erlaubt den Pilzfreunden aber, geringe Mengen für den eigenen Bedarf zu sammeln. "Die Grenze des Erlaubten wird jedoch überschritten, wenn die Menge über den eigenen haushaltsüblichen Bedarf hinausgeht", teilt das Landratsamt mit.

Unter pilze-ammersee.de können sich Schwammerlfreunde dann auch über mögliche Pilzvergiftungen informieren. Projektträger ist die Bayerische Mykologische Gesellschaft. Der große Pilzkatalog ist Teil eines von der EU geförderten Entwicklungsprogramms, dem Leader-Projekt. Neben dem Katalog bietet das Projekt Bildungsangebote für Schulen und Interessierte an. Auf den Seiten finden sich ausführliche Beschreibungen zu Steinpilzen und Co.

Sachverständiger Karasch warnt jedoch vor allem Neulinge, sich auf Bilder im Internet oder unkompetenten Smartphone-Apps zu verlassen. Erfahrung und Sicherheit sind sehr wichtig, und die bekommt man nur bei Pilzsachverständigen und Exkursionen.

© SZ vom 05.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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