Etterschlag:Alter Wirt in neuem Glanz

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Harald Lossau, Geschäftsführer von Dynamic Systems, hat den Gasthof in Etterschlag gekauft, ihn von Grund auf renoviert und sich erfahrene Pächter gesucht. Jetzt ist die Wirtschaft wieder offen

Von Christine Setzwein, Etterschlag

Es wird nicht allzu oft der Fall sein, dass sich ein Unternehmer seine Kantine kauft. Wobei "Kantine" nicht ganz zutreffend ist. Schließlich handelt es sich dabei um eine richtige Dorfwirtschaft. Um sie zu retten, ist Harald Lossau ein ziemliches Wagnis eingegangen. Der Nachbar und Geschäftsführer von Dynamic Systems hat den Gasthof Alter Wirt in Etterschlag kurzerhand erworben, nachdem die langjährige Wirtin Susi Paintmeier angekündigt hatte, aus gesundheitlichen Gründen zu schließen. Lossau wollte unbedingt verhindern, dass ein Investor das Haus kauft, es abreißt und lukrative Wohnungen auf dem Grundstück mitten in Etterschlag baut. Nach monatelanger Sanierung und Renovierung hat das Wirtshaus, das sich jetzt "Zum alten Wirt" nennt, wieder auf.

Paulanerbier wird jetzt dort ausgeschenkt. Welchen Stellenwert die Münchner Brauerei dem neuen "Tafernwirt" beimisst, zeigt sich darin, dass Paulaner-Chef Andi Steinfatt nach Etterschlag gekommen ist, um bei der offiziellen Eröffnung am Mittwochabend mit geladenen Gästen und den "Zwidawurzn" dabei zu sein. In Oberbürgermeistermanier zapfte er ein Holzfass an und brauchte nur zwei Schläge dafür. Angesichts des "massiven Wirtshaussterbens" vor allem auf dem Land gratulierte er dem neuen Eigentümer, der Gemeinde Wörthsee und den Gästen zu dem "mutigen Schritt", das Haus zu erhalten.

Paulaner-Chef Andi Steinfatt zapft an, und Werner Ostheimer und Ralf Hannemann (von links) warten auf die erste frische Halbe. (Foto: Arlet Ulfers)

Mutig war es wohl - und sehr teuer. Das Gasthaus wurde total entkernt bis auf den Kiesboden, neue Stromkabel mussten verlegt, die gesamte Elektrik und die Decke erneuert werden, erzählte Lossau. Das Erdgeschoss mit neuer Küche, Schwemme und großem Gastraum ist damit fertig. Als nächstes ist das Obergeschoss an der Reihe. Lossau könnte sich dort durchaus Hotelzimmer vorstellen.

Mit Ralf Hannemann und Werner Ostheimer hat sich Lossau erfahrene Gastronomen an seine Seite geholt. Außer der Etterschlager Wirtschaft betreiben die 61 und 47 Jahre alten Geschäftspartner drei weitere Lokale: das "Colonial" in Puchheim, das "Siamo" in der Münchner Leopoldstraße und "Raabes Kirchenwirt" in Steinebach. Zusammen mit dem Münchner Bildhauer und Restaurator Rainer Maria Strixner wollten sie ein urbayrisches Wirtshaus schaffen. So steht nun ein alter Ofen an der Stirnseite des Gastraums, der zwar nicht in Betrieb ist, "uns aber eine Menge Geld gekostet hat", sagt Hannemann. Auch die 150 Jahre alten Wandpaneelen mit den Bildern des Heiligen Borromäus und der Heiligen Cäcilia waren ein Vorschlag von Strixner. "Wir wollten alte Elemente, die leben", erzählt Hannemann. Auch die neuen Betreiber und die Paulaner-Brauerei haben laut Ostheimer eine "gewaltige Summe " in die aufwendige Sanierung gesteckt.

Gewerkelt wurde bis zum Schluss. Die Eröffnungsgäste gingen quasi vorne zur Tür hinein, die Handwerker hinten hinaus. Eine Bühne gibt es nun nicht mehr beim Alten Wirt, aber der alte Stammtisch ist gebelieben. Viele Nachbarn waren da am Mittwoch, auch die ehemalige Wirtin Susi Paintmeier. "Toll" findet sie, was der neue Eigentümer und die Betreiber aus dem Wirtshaus gemacht haben. Und sie ist ganz froh, dass alles ganz anders ausschaut als früher. So kann gar keine Wehmut aufkommen, schließlich hat sie Jahrzehnte ihres Lebens in der Wirtschaft verbracht.

Der neue Gastraum im Alten Wirt ist hell und mischt Altes mit Neuem. (Foto: Arlet Ulfers)

Einer freut sich besonders, dass das Gasthaus endlich wieder offen hat. Detlef Schamberger will mit seiner Frau Gertrud nämlich am Samstag dort groß feiern. "Wir sind seit 30 Jahren zusammen, seit 25 Jahren verheiratet und zusammen 120 Jahre alt", zählt der Etterschlager die Gründe für das Fest mit 70 Gästen auf.

Wurstsalat "Spezial" mit Blutwurst und Romadur oder Brotsupperl, Schweinsbraten oder Tafelspitz, Kässpatzen oder Reiberdatschi, Kaiserschmarren oder Weißbier-Tiramisu - "bayrisch kreativ, aber authentisch" soll die Küche im Alten Wirt sein, sagt Ostheimer. Etwa 120 Gäste können in der Stube bewirtet werden, 400 im schattigen Biergarten. Bald wird es auch eine zusätzliche Wochenkarte und ein günstiges Mittagsmenü geben. Harald Lossau und die Dynamic-Systems-Mitarbeiter haben ihre "Kantine" wieder.

© SZ vom 14.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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