´Es reicht nicht mehr, Plakate aufzuhängen`:Marketing macht Kino-Chefs Sorgen

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Vergnügter Kinobesucher: Matthias Helwig ist mit der ersten Open-Air-Woche zufrieden. (Foto: Georgine Treybal)

Matthias Helwig, Betreiber der Breitwand-Lichtspielhäuser, begrüßt das Soforthilfeprogramm des Bundes

Von Blanche Mamer, Gauting

Das Biopic über Freddie Mercury und die Rockband Queen wird die Bilanz des Open-Air-Kinos am Starnberger See retten. Die restlos ausverkaufte Eröffnungsvorstellung von "Bohemian Rhapsody" am vergangenen Mittwoch hat alle Erwartungen übertroffen. Als zweite Zugnummer hofft Kinochef Matthias Helwig auf "Leberkäsjunkie" nach dem Eberhofer-Krimi von Rita Falk. "Beide Vorstellungen sind seit Tagen ausverkauft, auch die am Wörthsee", sagt er. Er gehe von insgesamt weniger Besuchern aus als bei den Freiluftvorstellungen 2018, da das Wetter nun mal nicht so gleichbleibend warm und schön sei wie im vergangenen Jahr.

Zur Bilanz der ersten Woche Open Air, meint er: "Ein bisschen durchwachsen, doch ich bin zufrieden." Besonders gefreut habe er sich am Dienstag, als nach der nur mäßig besuchten Vorstellung des Thriller-Klassikers "Vertigo" einige Jugendliche auf ihn zugekommen seien und ihm, ganz fasziniert von Alfred Hitchcock, erzählt hätten, sie wollten sich nun alle Filme des Suspense-Meisters anschauen. Das zeige, wie wichtig es sei, Zuschauer aller Altersschichten anzusprechen und das richtige Medium als Informationsbasis zu finden. In der Debatte um die staatliche Unterstützung für Kinos, die jetzt publik wurde, jedoch schon seit Monaten in Gang sei, finde er es besonders gut, dass das Soforthilfeprogramm von Kulturstaatsministerin Monika Grütters die Förderung von Marketing und digitaler Kundenbindung beinhalte.

"Viele Kinos haben enorme Probleme mit der Vermarktung. Es reicht nicht mehr, Plakate aufzuhängen und Zeitungsanzeigen aufzugeben. Man muss für jede Generation das adäquate Medium finden, um die Vielfältigkeit des Programms und besondere Filme zu kommunizieren", meint Helwig. Dazu brauche es ausgebildete Marketing-Fachleute. Seine ausführlichen Kinoprogrammhefte erreichten nur eine Minderheit und einen Bruchteil der angestrebten Zuschauer, meist nur die älteren. Die 40- bis 50-Jährigen könnten über Facebook, die Jüngeren eventuell über Instagram informiert werden.

"Unsere Gesellschaft ist vorkonditioniert. Ich bin durch Zufall darauf gekommen, dass Google nur die erfolgreichsten Filme, meist amerikanische Großproduktionen, anzeigt, als eine ältere Dame eine Karte für 'Pets2' wollte. Es hat mich interessiert, wie sie auf den Film kam. Sie meinte, das sei doch der Einzige, der laufe. Sie hatte das aus dem Internet." Dass der Bund das Marketing als Problem erkannt habe und Investitionen fördern wolle, sei sehr zu begrüßen. Vor allem die Kinos in Orten mit weniger als 25 000 Einwohnern sollen unter die Förderrichtlinien fallen. Die Landkreise könnten dies nicht stemmen.

Daneben sollen auch längst fällige Anschaffungen subventioniert werden. Helwig will heuer keine Zuschüsse aus dem Sofortprogramm beantragen. Für die neue Bestuhlung im Kino Schloss Seefeld, die während der Sommerferien geplant ist, habe er bereits eine Förderzusage aus einem anderen Topf. Ob er die Lüftung im Starnberger Kino überhaupt erneuern könne, hänge von der Zukunft des Gebäudes ab. Sollte das Kino dort bleiben und sich die Investition von bis zu 60 000 Euro lohnen, könnte er einen Zuschuss beantragen, "Man muss genau wissen, was man macht, wo man investieren will. Jedes einzelne Projekt braucht einen speziellen Antrag", erklärt er. Den Kinos helfen würde es, wenn ihr gesellschaftlicher Stellenwert wieder erhöht würde. Und die kulturelle Filmförderung sollte wieder im Vordergrund stehen, amerikanische Großproduktionen gehörten in die Wirtschaftsförderung.

© SZ vom 01.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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