Ergebnis des Europan-Wettbewerbs:Feldafinger Zukunftsmusik

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Zwei Architektenteams stellen im überfüllten Bürgersaal ihre Ideen für die künftige Nutzung des Bundeswehrgeländes vor

Von Otto Fritscher, Feldafing

Eingeladen war sie, gekommen ist Ursula von der Leyen aber nicht. Immerhin hatte die Bundesverteidigungsministerin eine freundliche Absage an Bürgermeister Bernhard Sontheim geschrieben. Dafür fanden 150 Feldafinger am Montagabend den Weg in den Bürgersaal, um sich aus erster Hand über die Ergebnisse des Europan-Wettbewerbs informieren zu lassen. Die beiden Siegerteams erläuterten in aufwendigen Präsentationen ihre Vorschläge, wie dass Areal der Fernmeldeschule nach Abzug der Bundeswehr zivil genutzt werden könnte. Dabei gehen die Teams - beide übrigens aus Spanien - sehr unterschiedliche Wege.

Der angekaufte Siegerentwurf hat das Motto "Der magische Park von Feldafing" und greift quasi die Landschaft und die Natur als Grundelemente der Gestaltung auf. Wie von Riesenhand in das Gelände geworfene Baumstämme, liegen die neuen Baukörper im östlichen Teil des Areals zur Tutzinger Straße hin. Detaillierte Skizzen zeigen mögliche Nutzungen. "Ich war ja skeptisch, ob so ein Wettbewerb, an dem sich junge Architekten aus 14 europäischen Ländern beteiligten, etwas bringt. Aber die Siegerentwürfe haben mich überzeugt", sagte Bürgermeister Bernhard Sontheim.

Vor aber allem auch der erste Preis, der an das Architektenduo Pablo Allen Vizan und Elisabeth Garcia Asensio ging. Er stieß nicht nur bei Sontheim, sondern - dem Applaus nach zu urteilen - auch beim Publikum auf Gegenliebe. "Forest to rest", also ein Wald zum Ausruhen, ist dessen Motto. Die Baukörper falten sich terrassenmäßig in den zum See hin abfallenden Hang hinein. Die zweite Besonderheit ist eine Aufteilung des Geländes in sieben Scheiben oder "Bänder", wie die Architekten sagten. Diese ziehen sich von den Sturmblockhäusern zur Staatsstraße hin, können nach und nach entwickelt und verschiedenen Nutzungen zugeführt werden wie öffentlicher Marktplatz, Bildung mit Schulen oder Forschungseinrichtungen, eine Zone für Sport mit Schwimmbad, Sportplatz und Fitness-Studio, eine andere wiederum für Geschäfte und Restaurants. Auch Wohnungen sehen die beiden Architekten, die in Köln ein Büro haben, in den Sturmblockhäusern aus den 30er Jahren vor.

Diese acht Sturmblockhäuser aus der NS-Zeit, die allesamt unter Denkmalschutz stehen, spielen eine wichtige Rolle bei der künftigen Planung, welcher Entwurf auch immer zum Zug kommen sollte. Dabei geht es um zwei Fragen: Müssen tatsächlich alle acht Häuser geschützt bleiben oder reichen auch weniger aus? Dafür müsse man nachweisen, dass eine neue Nutzung quasi nicht möglich sei, erklärte Sontheim. Ein schwieriges Unterfangen, zumal in den Siegerentwürfen durchaus Nutzungsmöglichkeiten für die Häuser der ehemaligen Reichsschule der NSDAP, einer Kaderschmiede der Nazis, aufgezeigt werden. So könnte ein Sturmblockhaus in drei Reihenhäuser aufgeteilt werden, aber auch Wohnungen wären denkbar. Momentan stehen die Sturmblockhäuser größtenteils leer. Und dann ist da noch die Frage, ob Investoren nicht lieber ohne die alten Gebäude von Grund auf neu planen würden. Das ist aber Zukunftsmusik.

Christoph Hölz, Privatdozent an der Uni Innsbruck, stellte auf jeden Fall schon Auszüge aus seinem "Historischen Gutachten" vor, das spätestens im Frühjahr fertig sein soll. Fünf historische Phasen hat das Areal seinen Recherchen nach erlebt, und die NS-Zeit sei eine sehr wichtige dabei. Die Reichsschule hatte Architekt Alois Delgano geplant, der für Hitler auch andere Gebäude, etwa den Flughafen Ainring oder das Hotel Obersalzberg, entworfen hat.

Christian Kern, Professor und Architekt aus München, verdeutlichte den Besuchern den Entscheidungsfindungsprozess der nationalen Jury. Besonders wichtig ist aus seiner Sicht vor allem eines: "Der Siegerentwurf ist ein robustes Konzept, das Veränderungen im Planungsprozess verträgt". Nur an der Grundidee - der Entwicklung des Areals in einzelnen Scheiben - dürfe nicht gerüttelt werden.

In der Diskussion stellte Gemeinderat Thomas Theil die Frage, wie der zusätzliche Verkehr nach der baulichen Verdichtung auf dem 31 Hektar großen Gelände bewältigt werden könne. Es sei zu früh, um das zu beantworten, sagte Sontheim. Auch die Frage, wie sich "Investoren in das Konzept einfädeln können", blieb offen. "Wir werden sicher nicht das letzte Fenster vorschreiben", sagte Sontheim, " aber mit der Bauleitplanung die Linie vorgeben".

Brigadegeneral Dietmar Mosmann, der Kommandeur der Führungsunterstützungsschule der Bundeswehr, wie die Fernmeldeschule offiziell heißt, zeigte sich von den futuristischen Plänen der beiden Architektenteams sehr angetan. Es sei besser, für das Areal "ein Gesamtkonzept zu haben als herumzuwursteln." "Wenn das alles fertig ist, ziehe ich mit der Fernmeldeschule wieder ein", witzelte er. Zuerst einmal müssen die Soldaten das Gelände räumen, aktuell gültiger Abzugstermin ist das Jahr 2020. Allerdings ist dieser Termin schon einige Male verschoben worden. Und auf einen definitiven Termin ließ sich Ursula von der Leyen in ihrer Antwort an Sontheim auch nicht festlegen.

© SZ vom 09.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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