Energiewende:Die Luft ist raus

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Die Inninger Windkraftpläne sind gescheitert. Die Protagonisten der Energiewende sind ernüchtert. Landrat Roth zweifelt nun an dem Ziel, bis 2035 unabhängig von fossilen Brennstoffen zu werden.

Von Christine Setzwein, Starnberg

Die Gegner von Windkraftanlagen im Nordosten von Inning feiern den Bürgerentscheid vom Sonntag als großen Erfolg und als "Sieg der Vernunft". Für die anderen, die die Energiewende im Fünfseenland vorantreiben wollen, ist das Ergebnis ein schwerer Rückschlag. 1688 von 3566 wahlberechtigten Inningern haben ihre Stimmzettel abgegeben. Die Mehrheit - 907 - hat den Bau von drei Windrädern auf dem Martinsberg abgelehnt. "Schade für Inning", kommentierte Kreisbaumeister Christian Kühnel am Montag das Votum.

Kühnel ist quasi der Erfinder der Konzentrationsflächen für Windkraft. Zusammen mit allen Kommunen wurden mögliche Standorte festgelegt. Der Abstand jedes Windrads zur nächsten Wohnbebauung muss dabei im Landkreis Starnberg mindestens einen Kilometer betragen. Mehr, als das Gesetz vorschrieb - bis Horst Seehofer mit seiner H-10-Regel kam. Für Kühnel ist das Areal zwischen Inning und Grafrath "ein besonders guter Standort". Gerade für Inning hätten die drei Windräder einen große Vorteil gebracht: Der Strom hätte direkt in den Gewerbepark eingespeist und dort verkauft werden können. "Diese Chance ist vertan." Natürlich wären vor dem Bau die naturschutzrechtlichen Voraussetzungen ganz genau geprüft worden. Kühnel: "Und wenn der Artenschutz dagegen gesprochen hätte, wäre kein Windrad gebaut worden."

Für Walter Kellner, den Vorsitzenden des Energiewendevereins im Landkreis Starnberg, bewegt sich in Sachen Energiewende nur dort etwas, "wo Bürgermeister und Gemeinderäte voran gehen". In Inning seien vor allem die Gegner und deren "emotionale Begründungen" gehört worden. Die sachlichen Flugblätter und Plakate, die der Energiewendeverein verteilt und aufgehängt habe, hätten dagegen nichts geholfen. "Windradkessel und Verspargelung der Landschaft - so ein Blödsinn", ärgert sich Kellner. "Es ging lediglich um drei Windräder!" Ohne Windkraft sei die Energiewende im Landkreis jedenfalls schwierig.

"Ohne Wind keine Energiewende", sagt Kreisbaumeister Kühnel. Darum ist auch die Euphorie von Landrat Karl Roth dahin: So wie es seit Sonntag aussieht, könnte Berg das einzige Windkraftprojekt bleiben, das sich im Landkreis verwirklichen lässt. Dabei hatte man sich doch vorgenommen, bis 2035 rein rechnerisch unabhängig von fossilen Brennstoffen zu sein. "Fast ohne Windkraft und ohne Geothermie ist das kaum zu schaffen", stellt Roth nüchtern fest. "Es schaut nicht rosig aus." Derzeit beziehe der Landkreis sieben Prozent seiner Energie aus regenerativen Quellen. Im nächsten Jahr könnten es dann zehn Prozent sein, rechnet Roth vor. Von den avisierten hundert Prozent ist dies allerdings weit entfernt. Ganz aufgeben will der Landrat die Pläne des Landkreises allerdings noch nicht. "Man muss sehen, was sich da noch entwickelt", meint er. Und das vom Kreisbaumeister entwickelte Konzept in Sachen Windenergie mache auch weiter Sinn. Roth jedenfalls stellt klar: "Ich stehe nach wie vor hinter der Windkraft und hinter unserem Konzept."

Die Arbeit an dem Flächennutzungsplan Windkraft sei jedenfalls nicht umsonst gewesen, meint Kühnel. Eine große Mehrheit im Landkreis trage das Konzept mit. "Wir haben das Bewusstsein bei den Bürgern geschaffen, dass wir auch im schönen Fünfseenland eine Beitrag leisten können für die Energiewende." Der Kreisbaumeister ist davon überzeugt, dass die Diskussion in Inning über Windräder wieder aufgenommen wird. "Nicht in einem Jahr, aber die Zeit kommt." Das glaubt auch Kellner. "Wir geben nicht auf", sagt der Vorsitzende des Energiewendevereins. Die Diskussion müsse weitergehen, die Bürger überzeugt werden. In Inning "ist das letzte Wort noch nicht gesprochen".

Wie erfolgreich ein Windkraft-Projekt sein kann, wenn Kommunalpolitiker, Bürger und Energieversorger an einem Strang ziehen, zeigt das Beispiel Mammendorf im Nachbarlandkreis Fürstenfeldbruck: Dort ist seit November eine 186-Meter hohe Anlage in Betrieb. Die nächste wird im März in Maisach gebaut.

Anmerkung: In einer früheren Version des Textes war von 1170 abgegebenen Stimmen die Rede. Die Zahl ist falsch. 1688 Inninger haben gewählt. Auch die Angaben zu den Abstandsregeln für Windräder im Landkreis Starnberg wurden korrigiert.

© SZ vom 10.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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