Ehrung:Weißer Engel als Dank

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Ministerin Melanie Huml zeichnet die Gautingerin Ursula Rutz aus. Rechts Bürgermeisterin Brigitte Kössinger. (Foto: oh)

Demenzhelferin Ursula Rutz für ihr Engagement ausgezeichnet

Von Blanche Mamer, Gauting

Eigentlich wollte sie Krankenschwester werden. Doch Kindheitswünsche ließen sich in der ehemaligen DDR nicht unbedingt verwirklichen. Ursula Rutz musste warten bis sie 60 Jahre alt war, "um ins Soziale reinzukommen", wie sie sagt. Nun, mit 76, ist sie von Melanie Huml, der bayerischen Ministerin für Gesundheit und Pflege, für ihr Engagement ausgezeichnet worden. Für ihren langjährigen und vorbildlichen Einsatz als Demenzhelferin und Mitarbeiterin bei der Gautinger Tafel hat sie den Weißen Engel bekommen. "Ich habe mich so gefreut. Ich konnte es nicht glauben, obwohl ich schon gehört hatte, dass Frau Schauder von der Gautinger Insel mich vorgeschlagen hatte."

Gleich nach ihrem Umzug nach Gauting 2001 hat sie Kontakt gesucht. Hat sich in der Nachbarschaft umgeschaut, hie und da geholfen. Dann hat sie sich in der evangelischen Gemeinde engagiert, beim Handarbeitskreis für Seniorinnen mitgemacht, für den Basar gestrickt. "Beine hochlegen, das ist nichts für mich", meint sie. Wobei es ihr genau so wichtig war, Menschen kennen zu lernen, Freunde zu finden, sich im Ort zu integrieren, wie ihre ehrenamtliche Hilfe anzubieten. "Nach ihrer Schulung zur Demenzhelferin ist Frau Rutz seit Ende 2007 in diesem anspruchsvollen Ehrenamt aktiv. Sie geht stundenweise in die Familien und betreut die erkrankten Menschen, um deren Angehörige zu entlasten. Durch ihre große Gabe, liebevoll und geduldig mit den Kranken umzugehen, fühlen sich die ihr Anvertrauten in ihrer Nähe besonders wohl", sagte die Ministerin in ihrer Laudatio. Dazu komme, dass Frau Rutz bei der Gautinger Tafel mitarbeite und viele Jahre in einer Betreuungsgruppe der Ilse Kubaschewski-Stiftung in Starnberg engagiert war, im Erzählcafé, einer gemütlichen Kaffeerunde, wo sie sich fürsorglich um die Demenzpatienten kümmerte. Das ging nahtlos über in die Demenz-Gruppe in der Gautinger Insel. "Da machen wir kleine Spiele, sprechen Reime und Sprichwörter, erzählen Märchen. Man muss die Patienten dabei immer im Auge behalten, manche wollen einfach weggehen und werden schnell aggressiv", berichtet die Geehrte.

Warum sie nicht Krankenschwester werden konnte? Sie habe es versucht, sei für eineinhalb Jahre nach Potsdam gegangen, doch damals, Mitte der 50er Jahre in der noch jungen Deutschen Demokratischen Republik, sei es vor allem wichtig gewesen, Arbeit zu haben. "Ich bin zurück nach Merseburg an der Saale, lernte Bürokauffrau und bekam eine Anstellung in den Leuna Werken. Dort hab ich gearbeitet, bis der Betrieb 1992 peu à peu geschlossen wurde. Ich war ja noch nicht alt genug für die Rente, war erst mal arbeitslos. Das Arbeitsamt hat mich zu Schulungen geschickt, doch neue Arbeit gab es nicht mehr. Auch nicht für meinen Mann, der bis 1991 im Kohlebau unter Tage gearbeitet hat."

Gehadert hat sie nicht. Sobald sie ihre Rente hatten, sind sie aus Sachsen-Anhalt in den Westen gezogen. Damit begann ihr zweites Leben. Sie kamen nach Gauting, wo Tochter, Schwiegersohn und Enkelin lebten. Leider hat sie einige ihrer Hobbys aufgeben müssen. Lesen komme zu kurz, findet sie. Ursula Rutz erzählt gern, von den Handarbeitszirkeln in ihrer alten Heimat, die den Frauen soziale Kontakte und Freundschaften ermöglichten, von der kreativen Beschäftigung mit unterschiedlichen Materialien wie Leder, Wachs, Samtstoff. Nur das Stricken sei ihr geblieben, sagt sie und man hört kurz ihren Dialekt durch. Sie ist auch immer gern gewandert, hatte sich der Wandergruppe von Marianne Fürnrohr angeschlossen, bis eine Hüftoperation dem ein Ende setzte. Nun genießt sie einmal im Monat die Busfahrt für Senioren ins Alpenvorland oder den Bayerischen Wald. Und steuert auf ein neues Hobby zu: Sie hat ein Tablet geschenkt bekommen und will sich nun mit dem Internat befassen.

© SZ vom 24.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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