Dynamik:Gilching startet durch

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In der bald 20 000 Einwohner zählenden Gemeinde sprudelt die Gewerbesteuer. Trotz hoher Mieten und Grundstückspreise ist der Zuzug ungebremst. Die Kommune investiert längst Millionen in Kita-Plätze

Von Christian Deussing, Gilching

Die Gewerbesteuer sprudelt, der Zuzug ist ungebremst, und die Firmen stehen Schlange, um sich in den bald vier Gewerbegebieten von Gilching anzusiedeln. Allein an der Friedrichshafener Straße beim Asto-Park am Sonderflughafen entstehen wohl 1200 neue Arbeitsplätze, viele davon gut bezahlte in der Hightech-Branche. Das freut den Kämmerer, aber auch den Gewerbereferenten Manfred Herz. Um 40 Prozent auf 14 Millionen Euro seien die Einnahmen bei der Gewerbesteuer zuletzt gestiegen, sagt der CSU-Gemeinderat. Er ist davon überzeugt, dass Gilching spätestens in fünf Jahren "mit Abstand die meisten Einnahmen im Landkreis" verbuchen werde. Noch dazu wird die Gemeinde in absehbarer Zeit die 20 000 Einwohner-Marke knacken, wenn es so dynamisch weiter geht.

Gilching boomt wie keine andere Kommune im Fünfseenland, und das hat seine Gründe. Zum einen ist der Ort verkehrsgünstig an der Lindauer Autobahn gelegen und hat drei S-Bahnhöfe. Zum anderen gibt er sich, was die Ausweisung von Flächen betrifft, sehr gewerbefreundlich. Inzwischen ist das vierte Gewerbegebiet ("A 96-Nord") konkret in Planung. Und mit den Firmen sind viele junge Familien von Mitarbeitern ins einst preisgünstige Gilching gekommen. Jetzt explodieren Mieten und Grundstückspreise, günstige Wohnungen sind kaum noch zu finden. Gilching muss genügend Kita-Betreuungsplätze vorhalten, der Druck ist enorm in einer der kinderreichsten Gemeinden in Bayern. Die Kommune reagiert längst auf diese Entwicklung und investiert Millionen von Euro in neue Hort-, Krippen- und Kindergartenplätze oder auch in die Erweiterung der James-Krüss-Grundschule.

Zum Kennenlernen: Radtouren für Neubürger durch Gilching bietet der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club an. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Zudem wird das alte Rathaus abgerissen: Auf dem Gelände entstehen unter der Regie des Verbands Wohnen mindestens 18 Sozialwohnungen. Auf dem gemeindeeigenen Areal der "Sägewerksvilla" an der Pollinger Straße wiederum sind 30 Wohnungen geplant. Darüber will jetzt das Rathaus mit dem Verband Wohnen, aber auch mit der Wohnungsgenossenschaft Fünfseenland verhandeln. Das Grundstück befindet sich unweit des historischen Bahnhofgebäudes Argelsried, das die Kommune bereits vor Jahren erworben hatte, um es als "Visitenkarte" in eine Kulturstation mit Tagescafé umzuwandeln. Das Umfeld soll ebenso attraktiver werden. Nicht weit entfernt ist eine 15 Hektar große innerörtliche Freifläche, die wohl bis zum Herbst 2018 baureif sein wird. Auf der "Glatze" sind Wohnhäuser für 1500 Menschen geplant - dann wird es in der "Boomtown" noch enger.

Die "Glatze" soll parkähnlich inklusive einem Wasserlauf und einer Landschaftsenke angelegt werden. Mit dem Konzept bewirbt sich die Gemeinde um die Kleine Landesgartenschau "Programm Natur in der Stadt" im Jahr 2025.

Um nicht vorher schon die Übersicht zu verlieren, hat der Gemeinderat auch entschieden, ein Verkehrsleit- und Informationssystem einzuführen. Das Konzept werden Profis für 80 000 Euro ausarbeiten. Denn Lastwagen- und Autofahrer irren immer noch herum, weil die Routen entweder schlecht oder gar nicht beschrieben sind. Derzeit herrsche noch ein "Wildwuchs", sagt Christoph Winkelkötter, Geschäftsführer der neuen Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusförderung (Gwt) im Landkreis Starnberg. Die Beschilderung müsse farblich einheitlich erfolgen, damit zum Beispiel die Gewerbegebiete zielgenau angesteuert werden können. Das Leitsystem soll auch Radfahrern und Fußgängern helfen, die drei Bahnhöfe, Schulen, Sportplätze, Altenheime und natürlich das neue Rathaus zu finden, wo die Fäden zusammenlaufen.

Auch im Gewerbegebiet Süd wird kräftig weiter gebaut. Die Areale liegen verkehrsgünstig an der Lindauer Autobahn und locken Unternehmen an. (Foto: Georgine Treybal)

Und nicht nur dort freut man sich jetzt, dass nach jahrzehntelangen Planungen und etlichen Bürgerentscheiden die westliche Umgehungsstraße gebaut werden kann. Prognosen zufolge dürfte die Ortsdurchfahrt dadurch erheblich entlastet werden. So ergibt sich außerdem die Chance, die umtoste Römerstraße zu beruhigen und attraktiver zu gestalten. Das Ortsbild wird sich auch durch den Abriss des alten Posthochhauses ändern. Das Areal wird neu bebaut.

Nun soll zudem ein Logo das Image der Gemeinde aufwerten. Für welche Werte es stehen soll, darüber müssen die Gilchinger aber noch nachdenken.

© SZ vom 29.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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