Dießener Streit:"Schlammschlacht"

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Rathausverwaltung verteidigt den Dießener Bürgermeister

Von Armin Greune, Dießen

Das Thema "Wolfsgasse" schlägt in Dießen hohe Wellen. Bürgermeister Herbert Kirsch sieht sich einer "Schlammschlacht" ausgesetzt, Stellvertreter Peter Fastl bekommt vor laufender Kamera von einem Fernsehteam den "Stern der Woche" überreicht, eine "Auszeichnung", die an Personen verliehen wird, die durch "völligen Unsinn" auffallen. Dass dies ausgerechnet dem Vizebürgermeister vorgeworfen wird, gehört zu den Absurditäten dieses Montagabends, hatte sich doch gerade Fastl zuvor bemüht, im Gemeinderat dem Wirbel um den umstrittenen Ausbau der Straße sachliche Argumente entgegenzustellen.

Fastl verlas eine Erklärung, mit der sich Rathausverwaltung und Gemeinderat hinter den Bürgermeister stellen, der derzeit im Urlaub in Südamerika weilt. Darin wird bekräftigt, das dessen Befreiung von der Beitragspflicht beim Ausbau "nicht in den politischen Entscheidungsspielraum des Gemeinderats fällt". Nach Baurecht ist Kirschs Grundstück an der Straße Am Winkelsteg 2 dem Außenbereich zuzuordnen; die Erschließungsbeitragssatzung folgt Bundesrecht. Die Dießener Verwaltung hat bei der Kommunalaufsicht im Landratsamt, der Anwaltskanzlei Döring und Spieß und im Gemeindetag erfahren, dass Kirsch für den Ausbau nicht zahlen müsse. Allen Anliegern bleibe es freilich offen, gegen ihre Beitragsbescheide vor dem Verwaltungsgericht zu klagen, eine Nachbarin habe bereits deswegen einen Anwalt beauftragt.

Nicht hinnehmbar sei die Plakataktion der Anlieger und das so provozierte Medieninteresse. Es sei "in jedem Fall eine Grenze überschritten worden", Bürgermeister und Gemeinderat "werden in noch nie da gewesener Weise verunglimpft", heißt es in der Erklärung, die Verwaltungsleiter Erich Neugebauer im Auftrag unterschrieben hat. Die Kommunalpolitiker sollen so "genötigt werden", einen drei Jahren alten Beschluss wieder aufzuheben.

Wie Fastl erneut erläuterte, habe der Finanzausschuss den Ausbau der Wolfsgasse erstmals im Januar 2013 beschlossen. Die Spritzdecke sei aufgebrochen, der Unterbau nicht frostsicher, Fahrbahnränder seien ausgewaschen. Obendrein wäre eine Sanierung der 60 Jahre alten Trinkwasserleitungen dringend erforderlich, seit 2012 habe es vier Rohrbrüche gegeben. Im Dezember hatte der Gemeinderat die Planung überarbeiten lassen und dabei Teile einer Alternativplanung des Anliegers Christoph Goslich einbezogen: So wurde etwa die Fahrbahnbreite um einen Meter zurückgenommen.

"Bemerkenswert" seien Goslichs Aussagen am 10. Dezember: Der Anlieger habe "eine Schlammschlacht nie da gewesenen Ausmaßes" angekündigt, wenn der Straßenausbau nicht gestoppt werde und Kirsch gedroht, "dass er in einer noch nie da gewesene Art und Weise unter Druck gesetzt würde". Diese Zitate verlas Fastl aus einem Gedächtnisprotokoll, das Kirsch vor seiner Abreise vorbereitet aber zunächst zurückgehalten habe.

Am Montag waren rund 70 Zuhörer zur Ratssitzung gekommen, mehr als 20 mussten im Saal oder im Gang davor stehen. Ein zweiköpfiges Team von "Stern TV" wollte in der Sitzung drehen, was der Gemeinderat jedoch mehrheitlich ablehnte. Zweieinhalb Stunden später, als auch die nicht öffentliche Sitzung beendet war, rückten die Fernsehreporter Fastl mit einem Interviewwunsch auf die Pelle. Der Vizebürgermeister fühlte sich "ein bisserl überfallen" und wurde mit der "Ordensüberreichung" überrascht. Die Aufnahmen sollen an diesem Mittwoch um 22.45 Uhr in RTL ausgestrahlt werden.

© SZ vom 24.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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