Neuer Direktor des Ammersee-Gymnasiums:Liberale Note

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Was kann schöner sein, als eine Schule direkt am See? Seit 50 Tagen ist Alfred Lippl jetzt neuer Direktor des Ammersee-Gymnasiums in Dießen. (Foto: Thiel)

Der neue Direktor des Ammersee-Gymnasiums, Alfred Lippl, hat sich einiges vorgenommen. So will er unter anderem das Motto "Schule am See" mit mehr Leben füllen und den Stundenplan optimieren

Von Peter Bierl, Dießen

Alfred Lippl läuft und radelt gerne. Manchmal joggt er nach Dienstschluss am Wörthsee oder bei Andechs. Ausdauer und Beweglichkeit sind Eigenschaften, die er am Ammersee-Gymnasiums in Dießen als neuer Rektor brauchen kann. Sein Arbeitstag dauert derzeit oft von 7 bis 22 Uhr. Die Erwartungen an den Neuen sind in etwa proportional zum Unbehagen in manchen Kreisen über seinen Vorgänger. Der Ruf der Schule ist nicht der Beste. Die Auseinandersetzungen weckten vor Jahren sogar das Interesse überregionaler Medien. Autoritär und bürokratisch, auf Drill und Selektion ausgerichtet, lauteten die Vorwürfe. Zuletzt gab es Zoff wegen der Abiturfeier und dem Abiturstreich. Dazu hat das Gebäude, kaum zehn Jahre alt, Sanierungsbedarf. Längst mussten Container aufgestellt werden, weil der Platz nicht reicht.

Der Gründungsdirektor hatte es nicht leicht, betont Lippl. Bei aller Wertschätzung für den Kollegen räumt er aber ein, dass der Stil, der Umgang, schon anders ist als am Carl-Spitzweg-Gymnasium (CSG) in Germering. Das ist eine Schule mit sehr gutem Ruf, die als liberal und offen gilt und vor kurzem die bundesweite Auszeichnung "Schule gegen Rassismus" erhielt. Lippl ist in Germering aufgewachsen, hat an diesem Gymnasium sein Abitur abgelegt und war dort zehn Jahre lang als Konrektor tätig, bevor er im nun nach Dießen wechselte. Seine zwei Kindern besuchen ebenfalls diese Schule.

Ein Unterschied fiel dem neuen Chef gleich bei der ersten Mittagspause auf. In Germering speisen Lehrer und Schüler gemeinsam in der Mensa, in Dießen nehmen die Lehrer ihre Mahlzeit separat im Lehrerzimmer ein. Der neue Rektor versucht, die Erwartungen nicht in den Himmel schießen zu lassen. Auch er muss mit Förderverein, Kommunalpolitik, Kultusministerium und nicht zuletzt den Eltern auskommen.

Gleichwohl hat Lippl erste Veränderungen am Mittwoch in der Lehrerkonferenz vorgeschlagen. Weil er zu dem Zeitpunkt 50 Tage im Amt war, sprachen einige Lehrerkollegen schon vorher von einer Regierungserklärung: Lippl will eine neue Homepage einrichten, die Lehrer und Schüler in einem Seminar entwickelt haben und eine Schülerzeitung initiieren. Das sei anderswo üblich. Den Umgang mit Handys will Lippl insofern ändern, als die Lehrer konfiszierte Geräte nach Unterrichtsende zurückgeben sollen. Auf dem Nachhauseweg ohne Handy bei den vielen Fahrschülern geht gar nicht, findet der neue Direktor.

Ein weiteres Thema sind Stundenausfälle. Am Ammersee-Gymnasium wurde über häufigen Unterrichtsausfall geklagt oder das die Kinder dann stundenlang Filme anschauen. Lehrermangel sei inzwischen kein Thema mehr, sagt Lippl. Er möchte den Stundenplan optimieren und die Regeln für die Vertretung ändern, transparenter und flexibler machen. Dass Stunden ausfallen und die Kinder früher nach Hause gehen oder am Morgen zu Hause bleiben können, werde die Ausnahme bleiben, denn das geht als Negativposten in die Statistik im Kultusministerium ein.

Damit kennt sich Lippl gut aus. Nach dem Studium in München und dem Referendariat unterrichtete er von 1996 bis 2001 in Fürstenfeldbruck am Viscardi-Gymnasium, bevor er für fünf Jahre ins Kultusministerium wechselte. Dort arbeitete er in der Statistikabteilung, zeitweise als stellvertretender Referatsleiter. Man habe seinerzeit schon erkennen können, dass der Lehrermangel in einen Überschuss umschlagen werde, zumindest in Fremdsprachen, Erdkunde oder Geschichte. Lehrer für Mathematik und Physik wie Lippl hingegen bleiben rar. Am Ammersee-Gymnasium könne es mitunter etwas eng werden, weil der Standort an der Peripherie und nicht im Speckgürtel liegt.

Das Motto "Schule am See" möchte Lippl mit mehr Leben erfüllen. Der Ruderbootssteg und das Bootshaus sollen heuer noch gebaut werden. Das Projekt ist umstritten, zumal im Kreishaushalt mehr als eine halbe Million eingeplant ist. Das soll nicht nur wenigen zugute kommen. Dem Direktor schwebt vor, etwa in den sechsten Klassen allen Kindern eine Grundausbildung im Rudern angedeihen zu lassen. In Kooperation mit Vereinen könnte man Segeln oder Umweltprojekte anbieten. Das Ramsar-Vogelschutzgebiet ist nah.

Der Bahnsteig der Haltestelle Sankt Alban ist eine weitere Baustelle. Die Plattform ist zu schmal für den Ansturm von einigen hundert Schülern zu Spitzenzeiten. Es könnte also noch einige Zeit dauern, bevor Lippl sich den Wunsch erfüllen darf, wieder mehr Lehrer und nicht oberster Verwalter zu sein. Er gibt Mathe und Physik momentan nur in zwei Intensivierungsstunden. Wenn er sich eingelebt hat, würde er vielleicht auch von Germering an den Ammersee ziehen. Dann könnte er seine Joggingrunden bei Romenthal oder am Schatzberg drehen.

© SZ vom 19.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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