Sie sind Zeugnisse eines tief verwurzelten, ländlichen Glaubens und oft auch kunsthistorische Kleinode: 17 Dorf- und Hauskapellen öffnen zum Auftakt der zweiten Ammerseerenade an diesem Sonntag die Tore für ein bislang einmaliges Konzertereignis. Bei freiem Eintritt sind jeweils 45-minütige Auftritte von Musikgruppen oder Solisten geplant, einige Gastgeber bieten auch Getränke oder einen Imbiss an. Unter dem Motto "Zwischen Himmel und See" sind die Veranstaltungsorte zu drei Touren aufgereiht, die sich bequem mit dem Fahrrad bewältigen lassen.
"Es war unsere Absicht, möglichst viele lokale Musiker ins Programm einzubinden", sagt Doris Pospischil, Initiatorin der Ammerseerenade. Das Publikum sollte keine reguläre Konzertatmosphäre erwarten, sondern intime Musikprogramme, die von den Gastgebern zum Teil selbst zusammengestellt haben. Auch Sitzplätze sind nicht selbstverständlich: Die kleinste Kapelle fasst gerade mal zwei Personen, aber durch die offenen Türen ist die Musik auch auf den Stehplätzen draußen zu hören.
Die Nord-Route startet um 11 Uhr in der Kapelle der Villa Werner in Buch, Breitbrunner Straße 3. Dort trägt die österreichische Autorin Andrea Riemer "TagGedanken & NachtGedanken" vor, sie wird von der Pianistin Irina Kornilenko begleitet. Beide Künstlerinnen sind nochmals um 15 Uhr auf der Süd-Ost-Route in der Gruftkapelle St. Laurentius in Pähl zu hören. Die Nord-Route aber führt weiter zur Kapelle des Gasthofs Wangerbaur in Painhofen zwischen Eching und Greifenberg, wo Otto Göttler ein bayrisch-diatonisches Potpourri um 13 Uhr anstimmt. Eine Stunde später spielen Tobias Schwojer (Orgel) und Fabian Dreer (Posaune) in Pflaumdorf, wo die St. Georgs-Kapelle noch einen spätgotischen Kern aufweist. Noch älter ist die aus dem Jahr 1149 stammenden Jakobskirche am Schondorfer Seeufer: Im ältesten romanischen Sakralbau am Ammersee wird Rudolf Wastl-Mayrhofer auf der Gitarre um 15 Uhr Präludien von Villa-Lobos interpretieren. In der Pestkapelle Eching wird um 16 Uhr zur Andacht mit Viergesang eingeladen. Schließlich wartet noch um 17 Uhr eine modern gestaltete, private Kapelle in der Greifenberger Karwendelstraße 5 mit Kammermusik und einer Andacht auf.
Die Südost Route beginnt im Dießener Ortsteil Dettenschwang, wo um 10 Uhr in Maria Einsiedel eine Andacht mit dem Dettenschwanger Flötenensemble stattfindet. Um 11 Uhr spielt das Gitarrenduo Estillo in Bierdorf zwischen Riederau und St. Alban: Die 1607 gebaute Kapelle Unsere liebe Frau dort gehört seit der Säkularisation den örtlichen Landwirten. Um 12 Uhr wird die evangelische Friedenskirche Dießen zum Konzertsaal wenn dort Anastasia Kondogogu (Sopran), Dimitri Muliartschik (Bariton)und Juri Gontscharow (Klavier) vom St. Petersburger Konservatorium auftreten. in Konzert geben. Weiter geht es um 13 Uhr in der Hofkapelle Maria Hilf in Riederau mit Kathrin Fischbach (Gesang) und Klaus Wieland (Klavier). In Rieden werden um 14 Uhr Goncharov und die Sopranistin Antonina Shestakova-Reymers in der Hofkapelle St. Georg musizieren. Um 15 Uhr erklingen in der evangelischen Christuskirche in Utting selten zu hörende Saitenklänge, wenn Olga Mishula das hackbrettähnliche Zymbal spielt.
Die Südost-Route führt von Vorderfischen (14 Uhr, Kapelle Maria Hilf, Fischener Weissbachmusik) über die schon genannte Gruftkapelle zu St. Johann: In der zwei Kilometer südlich von Raisting gelegegenen, ehemaligen Wallfahrtskapelle aus dem 8. Jahrhundert singen und spielen um 16 Uhr der Ammerseer Dreigsang, die Roaschtinger Soatenziacher und Bläser. Zum Abschluss um 17 Uhr bieten sich zwei Alternativen an: Maria Schnee in Aidenried am Ammersee, wo Michael Leonitschek Zymbal spielt oder das Rokoko-Kleinod St. Anna im Gut Romenthal wo Ricardo Volkert und Jost Hecker zu einer musikalisch-poetischen Reise durch Andalusien einladen.