Dießen:Die Nibelungen vom Ammersee

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Arabelle Hellmann aus Dießen hat mit Gleichgesinnten einen Richard-Wagner-Verband gegründet, der die Anhänger des Komponisten miteinander vernetzen, Konzerte organisieren und Nachwuchstalente fördern will

Von Manuela Warkocz, Dießen

Junge Leute und ein Wagner-Verein - wie passt das denn zusammen? "Ganz prima", sagt Arabelle Hellmann lachend. Und nennt auch gleich das Motto des kürzlich gegründeten "Richard-Wagner-Verbands Ammersee": "von Fahrradkette bis Perlenkette". Das bedeutet für die 20 Gründungsmitglieder : egal, Hauptsache Wagner. Und das mit viel Spaß. Der Verein will Wagnerianer zeitgemäß ansprechen. Vernetzen mit anderen Fans über Facebook etwa. Oder mit Flashmobs.

Einen inszenierte der neue Verband am Schondorfer Seeufer gleich zu seinem öffentlichen Premierenauftritt. Die Sopranistin Anahita Josef und der Pianist Rainer Armbrust kletterten auf das Segelboot "Mary" und gaben die Senta-Ballade aus dem "Fliegenden Holländer". Das Wetter bot mit Wind und dramatischen Wolken kostenlos die passende Kulisse. Nach der Freiluft-Aufführung lud der Verein zur Gründungsfeier, einem Hauskonzert mit 50 Gästen, ins Wohnzimmer der Eltern von Arabelle Hellmann. Deren Haus in Schondorf ist auch gegenwärtig die Vereinsadresse. Wie überhaupt der Richard-Wagner-Verband Ammersee viel mit familiären Banden zu tun hat.

Sopranistin Anahita Josef und Pianist Rainer Armbrust kletterten auf das Boot "Mary" und gaben die Senta-Ballade aus dem "Fliegenden Holländer". (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Die Leidenschaft für Wagner wurde der 31-jährigen Vereinsvorsitzenden und ihren zwei Geschwistern schon als Kleinkindern eingeimpft. Jeden Sommer lebte die Familie mehrere Wochen bei der Oma in Kulmbach. Die Eltern - der Vater Unternehmensberater - besuchten als Mitglieder der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth so viele Vorstellungen wie möglich auf dem Grünen Hügel. "Ich war drei, vier Jahre alt, als mir meine Mutter hinter der Bühne gezeigt hat, wie der Donner geht", erinnert sich Arabelle Hellmann. Mit sechs die erste Oper, "Der fliegende Holländer". Drei Stunden Stillsitzen. Aufgewachsen ist sie mit den Geschichten von "Siegfried und Co.", wie sie sagt. Ihren Mitschülern muss sie etwas sonderbar vorgekommen sein. "Aber es war ok. Für die war klar, die Bella geht in den Ferien nach Bayreuth".

Mit 18 stieg sie dort bei den "Blauen Mädchen" ein. Programme im Festspielhaus verkaufen, Türdienst, Promi-Betreuung. Und als Bezahlung gibt's für die Vorstellung einen der weltweit so begehrten Sitzplätze. Lieblingsoper? "Lohengrin, mit Peter Seiffert - da bin ich immer noch voll der Fan".

Diesen Sommer widmet Hellmann, die im Vertrieb von Porzellan mit Wagner-Festspieltassen auch beruflich eng mit dem Meister zu tun hat, wieder zwei ihrer Urlaubswochen Bayreuth. Als "Blaue" sind weitere junge Frauen aus dem Verband aktiv. Vor den Festspielen wollen die jungen Wagner-Freunde am 19. Juli ein Geocaching, eine Schatzsuche auf Wagners Spuren, in Bayreuth organisieren, parallel zu den Generalproben, zu denen sie Karten bekommen. Auch international sollen Kontakte entstehen, etwa nach Venedig oder Japan. Wer einen Parsifal-Workshop organisieren oder gemeinsam eine Partitur durchgehen will, soll sich via Internet kennenlernen können.

Lauter "Lohengrin"-Fans: Der junge Richard-Wagner-Verband Ammersee. (Foto: oh)

Neue Freunde für Wagners Musik, etwa durch Picknickkonzerte, zu gewinnen und Nachwuchstalente und arrivierte Künstler zu fördern, gehört ebenso zu den Zielen des Verbandes. So präsentiert der Vorstand bei der Ammerseerenade am 1. September im Kurparkschlösschen den "Classic Pas de deux", einen Abend mit der 75-jährigen Wagner-Sopranistin Anja Silja und der Pianistin Irina Kornilenko.

Zu den Mitgliedern gehören Azubis, Studenten, eine Dramaturgin und eine Radiomoderatorin. Der Jüngste im Bunde ist erst eineinhalb Jahre alt. Der kleine Neffe von Vorstandsmitglied Sabine Schellberg erfuhr beim Hauskonzert sein Wagnersches Erweckungserlebnis.

Weitere Informationen unter www.rwv-ammersee.de. Der Jahresbeitrag für den Verband beträgt 45 Euro, für Schüler 25 Euro.

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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