Dießen:Briefe an die "Fehlbeleger"

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Anerkannte Asylbewerber sollen sich eigene Unterkunft suchen

Anerkannte Asylbewerber sollen nach dem Willen des Landratsamtes in Landsberg die Unterkünfte so schnell wie möglich verlassen. Die Kreisbehörde verschickt Briefe an sogenannte "Fehlbeleger". Ihnen wird mit Zwangsgeld gedroht, wenn sie sich nicht um eine Wohnung bemühen. Im Landratsamt ist durchaus bekannt, dass es äußerst schwierig ist, auf dem Markt eine Bleibe zu finden. "Irgendwas müssen wir ja unternehmen", rechtfertigt Pressesprecher Wolfgang Müller das Vorgehen. In Dießen sind etwa 20 Menschen betroffen, im ganzen Landkreis Landsberg mehr als 210 Flüchtlinge.

Der Bescheid der Behörde versetzt Flüchtlinge in Angst und Schrecken. Der ehrenamtliche Helfer hat alle Mühe, einen Eritreer zu beruhigen. Der junge Mann würde liebend gerne die Unterkunft in Dießen verlassen, in der er seit fast zwei Jahren in einem Zimmer mit drei anderen eingepfercht ist. Bloß findet er keine Bleibe. Es gibt nur wenige Wohnungen und manche Vermieter wollen keine Flüchtlinge aufnehmen, berichtet eine Freiwillige, die seit Wochen bei der Suche hilft. Schlimmer ist für den Mann jedoch die Perspektive, obdachlos zu werden.

Vor knapp zwei Wochen hatte die Asylkoordinatorin im Landratsamt, Barbara Rösner, im Dießener Gemeinderat erklärt, vorläufig würden keine neuen Flüchtlinge in den Landkreis kommen. Die Kreisbehörde werde deshalb auch keine weiteren Unterkünfte anmieten. Drei Tage später verschickte ihr Sachgebiet eine E-Mail an ehrenamtliche Helfer, in der ganz andere Töne angeschlagen werden. Das Landratsamt werde "mangels genügender Unterkunftsplätze und erwarteter steigender Zuweisungszahlen" keine Fehlbeleger mehr "dulden". Wer innerhalb von drei Monaten nicht nachweise, dass er sich um eine neuen Bleibe kümmere, dem drohe ein Zwangsgeld. Es folgt der Hinweis auf das Asylpaket III, das die Wiedereinführung der Residenzpflicht vorsieht. Das Grundrecht, seinen Aufenthaltsort selbst zu bestimmen, gilt für Flüchtlinge dann nicht mehr. Ein Umzug zu Freunden oder Familie sei dann nicht mehr möglich, heißt es in dem Schreiben. In ähnlichem Tonfall sind die Bescheide an die Flüchtlinge gehalten.

"Wir schmeißen niemanden mit Gewalt raus", versicherte der Sprecher des Landratsamtes. Aber dass derzeit keine neuen Flüchtlinge kämen, sei lediglich eine "Verschnaufpause". Man rechne ab Juni wieder mit der Zuweisung von neuen Flüchtlingen, dürfe momentan auf Weisung der Regierung aber keine neuen Unterkünfte anmieten. Was den Nachweis betrifft, aktiv eine Wohnung zu suchen, so akzeptiere die Kreisbehörde E-Mails oder Anzeigen sowie Wohnungsberechtigungsscheine von den Kommunen, sagte Müller der SZ.

In Dießen haben bereits mehrere Flüchtlinge einen solchen Schein. Das bedeutet, dass die Gemeinde für sie sorgen muss, wenn sie obdachlos werden. Die Wohnungsnot war auch Thema beim "Runden Tisch Asyl" am Dienstag im Rathaus in Dießen, an dem Vertreter der Parteien, der Kirchen, der Ehrenamtlichen sowie des Gewerbeverbandes teilnahmen. Das Landratsamt war nicht vertreten. "Das bedeutet keine Geringschätzung. Es sind einfach zu viele Termine", erklärte der Pressesprecher des Landratsamtes dazu.

© SZ vom 29.04.2016 / bip - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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