Coronavirus im Landkreis Starnberg:Verschoben und abgesagt

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Das Klinikum Starnberg bittet Angehörige, Patientenbesuche einzuschränken. Im Tutzinger Gymnasium steht nach der Schließung hinter Infoabenden und Klassenfahrten ein Fragezeichen.

Von Carolin Fries und Manuela Warkocz, Starnberg/Tutzing

Müssen Sie hier wirklich rein? Schilder im Eingangsbesuch der Starnberger Klinik appellieren an Besucher. (Foto: Nila Thiel)

Verschoben und abgesagt. Das sind die Worte, die Andreas Thalmaier am Montag immer wieder benutzt. Der Direktor des Tutzingers Gymnasium geht die Termine der Reihe nach durch: Der Infoabend für die neuen Fünftklässler an diesem Mittwoch - verschoben. Der Schüleraustausch mit Australien für Ende März - vermutlich abgesagt. Ebenso die für den Sommer geplante Fahrt von etwa 15 Schülern der Kollegstufe. "Die Chancen sinken stündlich."

Bis einschließlich kommenden Montag ist die Schule gesperrt, weil eine Schülerin aus der Unterstufe nach ihrer Rückkehr aus dem Skiurlaub in Südtirol positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Die 15 Schüler, die am Mittwoch vom Austausch aus Spanien zurückkommen, werden wie alle anderen etwa 750 Schüler von zu Hause aus über ein Online-Portal von ihren Lehrern mit Arbeitsaufträgen versorgt.

Insgesamt zehn Personen aus dem Landkreis haben sich aktuell mit dem Coronavirus infiziert, darunter auch eine 1975 geborene Frau, wie Landratsamtssprecherin Barbara Beck am Montag mitteilte. Sie sowie ein 40 bis 50 Jahre alter Mann, der sich bei einem Besuch seiner Mutter in Mainz infiziert hatte, isolieren sich zu Hause. Alle anderen acht Fälle werden im Klinikum Starnberg überwacht. Den Patienten geht es laut Klinikchef Thomas Weiler gut, weshalb in Absprache mit dem Gesundheitsamt in einigen Fällen ebenfalls die Möglichkeit der häuslichen Isolation geprüft werde. Der Fußballtrainer der FT Starnberg 09 muss hingegen in der Klinik bleiben: Seine Frau, die sich nicht angesteckt hat, arbeitet als Sprechstundenhilfe.

Starnbergs Klinik-Geschäftsführer Thomas Weiler hat acht Coronavirus-Patienten im Krankenhaus. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Während andere Kliniken in Bayern wegen der Ansteckungsgefahr aktuell ihre Besucherregeln einschränken, appelliert Weiler an die Vernunft. "Sehr gewissenhaft und ernsthaft" sollte grundsätzlich über die Notwendigkeit von Patientenbesuchen nachgedacht werden - "ganz besonders gilt das in Zeiten von Corona und Influenza".

Neben den Coronavirus-Patienten stehen aktuell zwischen 80 und 100 Personen unter häuslicher Quarantäne, weil sie engen Kontakt mit den Infizierten hatten. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen, sagte Barbara Beck. Die Zahlen würden sich laufend ändern. Die zehn Mitarbeiter im Gesundheitsamt werden wehen der zunehmenden Arbeitsbelastung von zwei Verwaltungsmitarbeitern unterstützt. Neben der Ermittlung und Betreuung der Kontaktpersonen gelte es, zahlreiche Anfragen von Eltern, Ärzten oder Einrichtungsleitern zu beantworten. Etwa: Dürfen negativ auf das Coronavirus getestete Rückkehrer aus Risikogebieten in Kita und Schule? Nein. Und was, wenn die Eltern gegen die Verfügung verstoßen? "Dann droht ein Bußgeld wegen des Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz von bis zu 25 000 Euro", so Beck.

Mark Habdank, Vorsitzender des TSV Tutzing, überlässt es seinen Übungsleitern, ob sie ihre Kurse und Trainings weiterhin abhalten wollen oder aber absagen. Nicht teilnehmen dürften Heimkehrer aus Risikogebieten, da habe sich der Verein der Allgemeinverfügung des Gesundheitsministeriums angeschlossen. Alle Trainings in der Sporthalle des Gymnasiums fallen ersatzlos aus, weil die Halle gesperrt ist.

"Die Kinder haben genug zu tun", erzählt Anita Piesch aus Tutzing, deren zwei Töchter das Gymnasium besuchen. Die ältere bereitet sich aktuell auf das Abitur vor, "die ist ein bisschen besorgt, weil der Zeitplan mit Klausuren und Prüfungsvorbereitung schon sehr eng getaktet ist". Grundsätzlich aber bestehe ein großes Verständnis bei Schülern und Eltern für die kurzfristige Schließung.

Claus Piesch steht als Vorsitzender des Kreisjugendrings (KJR) Starnberg seit dem Wochenende in Verbindung mit Juristen und Ansprechpartnern im Bayerischen Jugendring, wie mit geplanten Fahrten und Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche umzugehen ist. Er rechnet mit Anweisungen bis zur KJR-Vorstandssitzung diesen Dienstagabend. "Je nachdem wie sich die Lage entwickelt, könnte unsere beliebte Fahrt in den Europapark Rust betroffen sein", so Piesch. Die seit Jahren durchgeführte Freizeit ist am Wochenende 27. bis 29. März geplant und mit 21 Kindern zwischen elf und 13 Jahren komplett ausgebucht. In Frage stehen könnten auch zwei Mediencamps der kommunalen Jugendarbeit ab 5. April. Ob sie stattfinden, müsste das Landratsamt entscheiden.

© SZ vom 10.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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