Coronavirus bei Webasto:"Nicht im Panikmodus"

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Der Konzern informiert die mehr als 1000 Mitarbeiter in Stockdorf am Dienstagmorgen, dass sie auch von zu Hause aus arbeiten können - von der Ansteckung eines Kollegen ist da noch nicht die Rede

Von Carolin Fries, Stockdorf

Angst sieht anders aus. Plaudernd verlassen Mitarbeiter am Dienstag um die Mittagszeit die Webasto-Zentrale in Stockdorf. Andere huschen eilig durch die Drehtüren in die große Empfangshalle des Automobilzulieferers. Nichts deutet darauf hin, dass sich hier in der vergangenen Woche ein 33 Jahre alter Mitarbeiter aus Landsberg am Lech bei einer Kollegin aus China mit dem Coronavirus angesteckt hat. Nichts, außer einer Literflasche Desinfektionsmittel am Empfangstresen. Die Stimmung bleibt gelassen - im Unternehmen, wie auch in Stockdorf.

Mehr als 1000 Angestellte arbeiten in der Zentrale. Per Rundmail hat ihnen die Konzernleitung am frühen Dienstagmorgen gegen sieben Uhr freigestellt, zu Hause zu bleiben und im Homeoffice zu arbeiten - von der Ansteckung eines Kollegen ist darin noch keine Rede.

Es sei nicht weniger los als sonst, sagen die Frauen am Empfang. Die Stimmung unter den Kollegen sei "superentspannt", findet ein Mitarbeiter. Sämtliche Termine mit Externen seien abgesagt worden. Er fühle sich gut von seinem Arbeitgeber informiert. Die Konzernleitung hatte alle Mitarbeiter in Stockdorf bereits am Montagabend aufgefordert, bei grippeähnlichen Symptomen einen Arzt aufzusuchen, Flüge von und nach China wurden gestrichen. Seit Dienstag steht in allen Waschräumen und am Empfang Desinfektionsmittel.

Ob die Gefahr einer Ansteckung bestanden habe, müsse jeder Kollege anhand seiner Kontakte selbst einschätzen, sagte ein Mitarbeiter. Er mache sich keine Sorgen. Ein anderer sagte am Morgen, er würde sich nun öfter die Hände waschen: "Ich bin aber nicht im Panikmodus." Es gebe ein großes Informationsbedürfnis unter den Mitarbeitern, erklärte eine Unternehmenssprecherin. Webasto verfügt weltweit über mehr als 5o Standorte, in China unterhält das Unternehmen elf Dachfabriken.

In welcher Abteilung und Funktion der erkrankte Mann arbeitet, wollte der Konzern nicht mitteilen, um ihn zu schützen. Er wird stationär in einem Münchner Krankenhaus behandelt. Auch machte das Unternehmen keine Angaben dazu, mit wie vielen Kollegen der Mitarbeiter sowie die infizierte Schulungsleiterin, bei der er sich angesteckt hatte, in Kontakt waren. Die chinesische Kollegin sei drei Tage zu Schulungen und Terminen in der Zentrale gewesen, bevor sie am vergangenen Mittwoch abreiste. Der 33- Jährige hatte sich am Wochenende krank gefühlt, war am Montag aber wieder ins Büro gegangen.

Im Ort zeigen sich viele unbeeindruckt vom bundesweit ersten Coronavirus-Fall, nur manche sind verunsichert. In der Grundschule etwa haben Mütter angerufen, ob es einen Elternbrief zum Thema gebe, erzählt die Schulsekretärin. Und die 75-jährige Dimitra Ziatas, die mit ihrem zweijährigen Enkel Alexander in Stockdorf unterwegs war, sagt: "Ich habe schon Angst, dass sich das ausbreitet." Theater- und Kinobesuche seien gestrichen, sagt die Münchnerin. Ludwig Harter schüttelt nur den Kopf. Der Stockdorfer Konditormeister, der in seinem Café täglich Webasto-Mitarbeiter empfängt, sieht keinen Grund für Sicherheitsvorkehrungen. Mit Grippewellen wie dieser habe man jedes Jahr zu kämpfen: "Ich bin ganz gechillt."

© SZ vom 29.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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