Bürokratische Hürden:Mit dem Bummel-Bus zur Arbeit

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Die neue Linie X 910 könnte für viele der 6500 Beschäftigten in Gauting, Gilching und Weßling eine Alternative zum Auto sein. Doch das Projekt ist so kompliziert, dass sich der Start wieder um eineinhalb Jahre verzögert. "Eine Sauerei", findet Landrat Roth.

Von Michael Berzl

OberpfaffenhofenDas Warten auf einen Bus kann manchmal auch Jahre dauern. Das erleben gerade viele Mitarbeiter von Firmen beim Sonderflughafen Oberpfaffenhofen, die sich auf eine schnelle Direktverbindung von der U-Bahn in Großhadern zu ihrem Arbeitsplatz gefreut haben. Der Landkreis Starnberg, der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund sowie die Gemeinden Gilching und Gauting tüfteln schon lange an Ausschreibung und Finanzierung der Expresslinie. Zuletzt war der Start zum Fahrplanwechsel im Dezember geplant. Doch daraus wird nichts, weil neue bürokratische Hürden aufgetaucht sind. "Das ist sehr bedauerlich. Für uns ist der öffentliche Nahverkehr ganz klar ein Standortfaktor", erklärt Astopark-Geschäftsführer Bernd Schulte-Middelich. Mit dieser Ansicht ist er nicht allein.

Frühestens im April 2019 nimmt nun die Linie X 910 den Betrieb auf, die eine neue und besonders schnelle Verbindung von der U-Bahn nach Oberpfaffenhofen schafft. Der Bus fährt in der Hauptverkehrszeit im Halbstundentakt zunächst durch Neuried, zum Gautinger Bahnhof, durch Unterbrunn und zum Gilchinger Gewerbegebiet Süd und schließlich zum S-Bahnhof in Weßling. Insgesamt sind es ein Dutzend Haltestellen; die Fahrt dauert insgesamt 45 Minuten. Mehr als zwei Jahren dauern die Beratungen über dieses zusätzliche Angebot an. Der Expressbus könnte für mehrere Tausend Beschäftigte beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) oder in Unternehmen im Asto-Park, beim Satellitenbauer OHB oder bei der Webasto eine attraktive Alternative zum Auto sein. Untersuchungen zufolge könnten bis zu 6500 Beschäftigte von der Linie profitieren, weiß Schulte-Middelich. Eine Umfrage habe ergeben, dass etwa ein Drittel von ihnen bereit wäre, auf den Bus umzusteigen.

"Für unsere Mitarbeiter wäre das natürlich super", sagt DLR-Standortleiter Reinhold Busen, "die kämen dann direkt vor der Haustür an". Andreas Lindenthal, der für Oberpfaffenhofen zuständige Vorstand der OHB System AG, erklärt: "Natürlich sind wir als Arbeitgeber stark daran interessiert, dass diese Verbindung schnellstmöglich und zuverlässig angeboten wird. Damit stünde unseren Mitarbeitern eine weitere Option für den täglichen Arbeitsweg zur Verfügung. Jede Verzögerung wäre bedauerlich".

"Das wäre eine wichtige Attraktion, die wir brauchen, um junge Leute und Fachpersonal zu gewinnen", erklärt Schulte-Middelich, der als Standort-Entwickler genau weiß, welche Kriterien für Firmen und Fachpersonal wichtig sind. Oberpfaffenhofen stünde in Konkurrenz zu München. "Den Expressbus brauchen wir dringend, um unseren Standortnachteil zu kompensieren", sagt der Astopark-Chef. Auch Landrat Karl Roth wies darauf hin, wie dringend die Linie erwartet wird. Als "eine Sauerei" empfindet er daher die Verzögerung.

Verantwortlich ist dafür nach Darstellung der Kreis-Verkehrsmanagerin Susanne Münster eine Gemengelage: zu den Tücken einer europaweiten Ausschreibung und dazugehöriger Wettbewerbsregeln kommen Förderrichtlinien des Innenministeriums, Antragsfristen und Vorgaben im Genehmigungsverfahren nach dem Personenbeförderungsgesetz. Angesichts teilweise widersprüchlicher Vorgaben stellte Münster im Mobilitätsausschuss fest: "Die Verwaltung steht vor einem Dilemma. Wir wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen". Das Ergebnis ist, dass die Ausschreibung frühestens im kommenden Juli beginnen und der Auftrag im Herbst vergeben werden kann. Das Unternehmen, das den Auftrag erhält, braucht nach Erfahrungen des MVV ein weiteres halbes Jahr für die Vorbereitungen, so dass der Probebetrieb erst im April darauf beginnen kann.

"Schade, dass sich das verzögert", bedauert der Weßlinger Bürgermeister Michael Muther, aber er nimmt es gelassen: "Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut." Die Linie X 910 würde sehr gut angenommen, ist er überzeugt. Vorbild ist für ihn die Linie X 900 von Starnberg nach Fürstenfeldbruck. Vom 10. Dezember an wird die Zahl der Fahrten auf der Strecke in der Hauptverkehrszeit verdoppelt.

© SZ vom 29.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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