Bürgerentscheid in Herrsching:Demokratische Weihnacht

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Die Bevölkerung stimmt am Sonntag darüber ab, ob der Christkindlmarkt am alten Standort oder vor der evangelischen Kirche stattfinden soll. Für die Initiatoren geht es vor allem um eines: den Bürgerwillen.

Von Patrizia Steipe, Herrsching

Am Sonntag werden die etwa 8100 wahlberechtigten Herrschinger zur Wahlurne gerufen. Dann findet der von der Bürgerinitiative "Unser Herrsching" geforderte Bürgerentscheid zum Standort des Christkindlmarktes statt. Mit "Ja" oder "Nein" können die Wähler folgender Frage beantworten: "Sind Sie dafür, dass der Herrschinger Christkindlmarkt wie bisher am traditionellen Standort unterhalb der Kirche St. Martin und der Mariensäule sowie im Post-Garten des Gasthofes zur Post entlang der Andechsstraße, Herrsching, stattfindet?"

Die Wahllokale befinden sich im Rathaus, in der Volksschule, in Breitbrunn und in Widdersberg. Wer wo zur Wahl gehen kann, steht auf der Gemeindehomepage unter dem Stichwort "Bürgerentscheid 2015". Den Termin müssen sich die Bürger freilich selbst merken. Auf der Veranstaltungsseite fehlt ein Hinweis, und von Seiten der Gemeinde gab es - wie im Vorfeld angekündigt - keine inhaltlichen Informationen. Um das Quorum zu erfüllen, müssen 1600 Bürger zur Wahl gehen.

Es liegt vor allem an der Überzeugungskraft der BI, am letzten Tag der Osterferien die Wähler zu mobilisieren. Die Initiative ist auf sich gestellt und muss ohne Unterstützung der politischen Parteien oder anderen Gruppierungen auskommen. In der Gemeinde hat die BI um Wolfgang Thamm und Roman Bauer flächendeckend Plakate gehängt und Flyer verteilt. "Wir haben alles getan, was uns als kleine Gruppe möglich ist", sagte Thamm. Für ihn ist der Bürgerentscheid mehr als nur die Frage nach dem Standort. Es gehe um den "Bürgerwillen". Die in nichtöffentlicher Sitzung getroffene Entscheidung, den Christkindlmarkt von der Kirche St. Martin an die evangelische Erlöserkirche zu verlegen, habe "die Herrschinger überrollt". "Auf die Meinung der Bürger kommt es der Gemeinde nicht an", kritisierten die Initiatoren. Für die BI gebe es "keinen schöneren und romantischeren Standort" als im historischen Ortskern. "Mit dem Bürgerentscheid besteht die Chance, durch unsere Stimmabgabe eine Veränderung durchzusetzen", heißt es auf der Homepage der BI.

Auch nach dem Bürgerentscheid wird sich die BI nicht auflösen. Sie möchte aus der Bürgerinitiative "Unser Herrsching" eine neue politische Gruppierung machen, mit dem Ziel, an der nächsten Kommunalwahl teilzunehmen. "Wir haben durch das undemokratische Verhalten der Gemeinde ein regelrechtes Demokratiedefizit zu Tage gebracht", sind sich die Initiatoren sicher. Die Bürger werden aufgerufen, Ideen, Themen und Wünsche für das neue Parteiprogramm einzureichen.

Der Herrschinger Gemeinderat hatte sich nach dem Probelauf am neuen Standort zufrieden gezeigt. Der Bereich war barrierefrei und ist zentral gelegen, die Kirche hatte sich mit einem adventlichen Programm beteiligt, bei einer Fragebogenaktion äußerten sich die Standlbesitzer positiv. Was die Besucher betraf, so ist die Präferenz für einen der beiden Standorte letztlich eine Frage des Geschmacks.

Der erste Herrschinger Bürgerentscheid im Februar 1997 hatte dem Thema "Seniorenstift" gegolten. Im Oktober des gleichen Jahres stimmten die Bürger über eine Wasserversorgung ab. Um neue Gewerbeflächen zwischen der Seefelder und der Gewerbestraße ging es beim dritten Bürgerentscheid 2000. Über ein Gewerbegebiet im Herrschinger Moos stimmten die Bürger 2004 ab. Die Skateranlage am Ammerseeufer brachte der Bürgerentscheid 2007 zu Fall , und 2008 lehnten die Bürger die geplante P+R-Parkgarage ab. 2014 gab es ein Bürgerbegehren zum "barrierefreien Kurparkschlösschen". Zu einem Entscheid kam es aber nicht.

© SZ vom 11.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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