Gefragte Helfer:Menschen zusammenbringen

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42 Flüchtlinge sind in Breitbrunn herzlich empfangen worden. Aber nicht jeder heißt die Asylbewerber willkommen. Der Helferkreis möchte das ändern und Vorurteile abbauen

Von Patrizia Steipe, Breitbrunn

"Ich heiße Tarik. Ich komme aus Aleppo", sagte der junge Mann. Erst seit wenigen Tagen lernt der Flüchtling aus dem ehemaligen Schwesternwohnheim an der Seestraße Deutsch. Auch seine Mitbewohner stellten sich beim Infoabend des Helferkreises vor: Mustafa aus Damaskus, Payan aus dem Iran, Mohammed, Kamial. "Vielen Dank für die Leute to help me", radebrecht einer und bekommt für diese Aussage viel Applaus. Das Haus an der Seestraße ist mit 42 überwiegend männlichen Bewohnern derzeit halb belegt. Dazu gibt es noch eine weitere Flüchtlingsunterkunft in Breitbrunn, in der acht afrikanische Erwachsene mit ihren zehn Kindern wohnen. Den Flüchtlingen wurde in Breitbrunn ein herzlicher Empfang von den Ehrenamtlichen bereitet.

Der Helferkreis besteht aus sechs Arbeitsgruppen. Stefan Wiesinger ist Rechtsanwalt und steht den "Schützlingen" in allen rechtlichen Fragen zur Seite. Andere Helfer fungieren als Paten für einzelne Flüchtlinge oder Flüchtlingsfamilien. Einen Deutschkurs haben die Helfer bereits auf die Beine gestellt. Einmal in der Woche wird mit den Flüchtlingen gekocht oder gebacken, es gibt Ansprechpartner für Alltagsprobleme, für Fragen zur Integration und zur Arbeitsvermittlung. Derzeit wird ein Willkommensfest geplant, bei dem Flüchtlinge und Einheimische zusammen Musik machen wollen. Zuvor sollen aber die Gartenmöbel selbst geschreinert werden. Dietrich Grimm, der bei der Herrschinger Insel in der Fahrrad-AG aktiv ist, möchte in den Osterferien Räder für bedürftige Flüchtlinge und Herrschinger herrichten. Er appellierte an die Breitbrunner, ungenutzte Räder für die Aktion zu spenden, und eine Deutschlehrerin suchte einen Flüchtling, der ihr Sprachunterricht in Arabisch geben könnte.

Trotzdem - nicht jeder in Breitbrunn heiße die Flüchtlinge willkommen. Es gebe Leute, die sich negativ über die Flüchtlinge äußern, berichtete eine Helferin. "Zurück nach Syrien" würde gestänkert und jeglicher Kontakt mit den Neubürgern strikt abgelehnt. "Wie kommen wir an die Leute ran?", lautete deswegen die Frage der Helfer. Sie wünschen sich eine "offene Diskussion" und empfehlen den Menschen, die die Flüchtlinge ablehnen, in Gesprächen mit den Betroffenen die eigene Meinung zu überdenken. "Das sind ganz liebe Leute", charakterisierte eine Helferin die Flüchtlinge. Um Vorurteile abzubauen, versucht Julia Rotbauer, die Flüchtlinge ins Dorf einzubinden. Sie steht bereits mit Vereinen in Kontakt, "wir versuchen Menschen zusammen zu bringen", erklärte sie. Hermann Breitenberger, Breitbrunner Urgestein, erinnerte an die 220 Vertriebenen, die in schwierigen Zeiten nach dem 2. Weltkrieg in Breitbrunn aufgenommen worden waren. "Bei unserer wirtschaftlichen Situation heute sind diese Flüchtlinge dagegen ein Klacks."

Nach dem offiziellen Teil gab es die Gelegenheit, mit den Flüchtlingen ins Gespräch zu kommen. Mit Händen und Füßen, ein wenig Englisch und Deutsch sowie der Übersetzungs-App auf dem Smartphone gelang dies ganz gut. Payan schwärmte von seiner iranischen Heimatstadt Esfahan. Dort sei das Leben aber "very bad" gewesen, meinte sein 15-jähriger Bruder und wiederholte das "very" gleich mehrere Male. Von ihrer Mutter seien sie bei der Flucht getrennt worden und haben seitdem keinen Kontakt mehr. Jetzt wünscht sich Payan in seinem Beruf Schweißer arbeiten zu können. Für den Bruder gab es am nächsten Tag den ersten Schultag in der Christian-Morgenstern-Volksschule.

© SZ vom 21.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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