Breitbrunn:Hüter der Marterl

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Der Kapellenverein kümmert sich um kleine Kirchen und Feldkreuze. Im nächsten Jahr feiert die Gruppe das 25-jährige Bestehen der von ihr errichteten Europakapelle auf dem Königsberg

Von Patrizia Steipe, Breitbrunn

Von der Ferne ähnelt die Silhouette des spitzen Dachs der Europakapelle auf dem Jaudesberg den Baumwipfeln der umstehenden Lärchen. Im nächsten Jahr steht das 25. Jubiläum der kleinen Kirche an. Hans Ulrich Greimel ist oft dort oben. Setzt sich auf die Bank unter dem vorgezogenen Dach und genießt den Blick über den Ammersee bis in die Alpen. Gerne erzählt er dann von dem Besuch König Ludwigs I. auf dem Hügel, der seitdem "Königsberg" heißt. Genauer gesagt: "Meine Tante hat mir davon erzählt."

Ganz ohne Zuschüsse gebaut: Ulrich Greimel vor der Europakapelle, die sein Verein auf dem Königsberg errichten ließ. (Foto: Arlet Ulfers)

Greimel ist Vorsitzender des Kapellenbauvereins Breitbrunn. Die Gruppe kümmert sich laut Satzung um die "Renovierung von Kapellen, Feldkreuzen und Marterl auf Breitbrunner Flur". Die Idee für die Kapelle war Greimel nach den Stürmen Vivian und Wiebke gekommen. Sie hatten 1990 auch auf dem Jaudesberg gewütet und zahlreiche Bäume geknickt. "Kahl sah es aus", erinnert sich Greimel. Da, wo früher schon einmal ein Aussichtsturm gestanden hatte, sollte eine Kapelle entstehen. Es sollte ein offener Raum sein, in dem Platz für ein stilles Gebet, aber auch für Wanderer mit ihrer Brotzeit ist. Um das Projekt zu realisieren, wurde der Kapellenbauverein gegründet. "Ohne Zuschüsse" sei die Kapelle errichtet worden, erzählt Greimel. Und er ist stolz, dass Erzabt Notker Wolff vom Kloster St. Ottilien damals das Bauwerk geweiht hat.

Ein Marterl in Wasach. (Foto: Arlet Ulfers)

Mittlerweile kümmert sich der Verein auch um die anderen Kapellen, Kreuze und Marterl in der Gemeinde. In den vergangenen Jahren sind sie nacheinander renoviert worden. Regelmäßig fährt Greimel an ihnen vorbei, um nach dem Rechten zu sehen, und zu jeder Station hat er eine Anekdote zu erzählen. Das Marterl in Wasach etwa hatte seine Tante Kreszenz, Mesnerin in Breitbrunn, initiiert. Am 5. August 1962 hatte auf der benachbarten Wiese Adolf Schill seine Primiz gefeiert, berichtet Greimel. Er selbst ist früher auf seinem Schulweg an dem gemauerten Marterl mit der Madonnenfigur vorbeigekommen.

Auf dem Weg von Schlagenhofen nach Ellwang hat der Verein vor einigen Jahren ein völlig überwuchertes Feldkreuz gefunden. Das Holzkreuz mit seiner frischen Blumenbemalung und dem Kruzifix ist jetzt wieder eine Zierde. "Wahrscheinlich ist es nach 1850 errichtet worden zum Gedenken an den Hechendorfer Pfarrer, der hier ermordet worden ist", sagte Greimel. Richtung Ellwang steht zwischen zwei Bäumen das nächste Feldkreuz. "Es war bereits total verrottet. Weil es so versteckt lag, hatte ich es früher noch gar nicht bemerkt", erklärt Greimel. Mittlerweile ist es wieder hergerichtet worden. Der alte verwitterte Balken ist geblieben. "Das musste ich auch erst lernen: Die Dinge sollen nachher nicht wie neu aussehen, sondern das Originalmaterial soll so weit es geht verwendet werden", erklärt der Bauunternehmer. Nach dieser Maxime wurden auch die anderen Marterl und Kreuze hergerichtet. Zum Beispiel das Kreuz zwischen Ellwang und Herrsching. "Wir haben die Eiche bewusst verwittert gelassen und nicht gespachtelt", erklärt Greimel. Finanzielle Unterstützung für sein Engagement fordert der Verein selten an. "Wir machen alles in Eigenleistung", versichert Greimel. Da ist es gut, dass neben dem Bauunternehmer noch andere Handwerker wie beispielsweise ein Kirchenmaler Vereinsmitglied sind.

Neben der Europakapelle gibt es zwei weitere öffentliche Kapellen in Breitbrunn. Die Elisabethkapelle wurde zum Gedenken an die Kriegstoten errichtet. An mittelalterliche Fresken erinnert das Gemälde an der Stirnseite des Gebäudes. Es zeigt die heilige Elisabeth. Im Hintergrund sieht man die Wartburg. Mitten im Wald am Sportplatz steht die Waldkapelle. "Meine Oma war früher täglich in der Kapelle, weil hier unsere Felder lagen", erinnert sich Greimel. Viele Breitbrunner verweilen an dem idyllisch gelegenen Ort. Die Marienfigur im Altarraum "ist eine Kopie einer Riemerschneider-Madonna", so Greimel.

Und dann gibt es noch das kleine Marterl direkt am See. Irgend jemand hat ein kleines Püppchen an der Madonnenabbildung abgelegt. Vielleicht soll damit ein bislang unerfüllter Kinderwunsch unterstrichen werden? Mit den Renovierungen ist der Verein jetzt "durch". Als nächstes wird das Jubiläumsjahr 2018 geplant. "Dann feiern wir 25 Jahre Europakapelle und 180 Jahre Königsberg", sagt Ulrich Greimel.

© SZ vom 06.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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