Betreuung:Diese Frauen kümmern sich um kranke Kinder, deren Eltern arbeiten müssen

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In der alten Stockdorfer Schule besprechen sich die Fieberfeen bei einem Frühstück: Elke Hebich (v. li), die neue Koordinatorin Antje Feigen, Monika Bezdek, Cornelia Hermann, Martha Baierlein (hinten) und Angela Stößel. (Foto: arlet ulfers)

Fünf ´Fieberfeen` kümmern sich um kranke Kinder im Würmtal, damit ihre Eltern zur Arbeit gehen können. Da die kleinen Patienten die Helferinnen meist nicht kennen, ist Erfindungsreichtum gefragt

Von Otto Fritscher, Gauting

Cornelia Hermann erinnert sich genau an diese Frau: "Sie hatte zwei kleine

Kinder, beide waren krank. Ausgerechnet an dem Tag, als sie nach der Kinderpause wieder ihre erste Arbeitsstelle antreten wollte. Sie war zuerst völlig verzweifelt, bis sie bei uns Fieberfeen angerufen hat. Wir sind am nächsten Tag gekommen und haben die Kinder für sie betreut." Die Fieberfeen - fünf Frauen - sind eine Einrichtung unter dem Dach des Stockdorfer Eltern-Kind-Programms (EKP), die in solchen Notfällen einspringen.

Martha Baierlein ist eine der Feen, hat immer eine große Tasche dabei, wenn sie zu einem Einsatz gerufen wird. "Das ist mein Zauberkoffer", sagt sie. Da sind Spiele drin, Bilder- und Lesebücher, Buntstifte und Luftballons - alles, womit Kinder im Alter von drei bis acht Jahren gerne spielen. "Zuerst blase ich einen Luftballon auf, oder lese etwas vor, und dann merkt man, wie die Kinder schnell zu einem Vertrauen fassen; sie werden ja von den Eltern auf unser Kommen vorbereitet", sagt Baierlein. Die anderen Fieberfeen, die sich an diesem Dienstag in der alten Stockdorfer Schule zu einer Besprechung an der Kaffeetafel getroffen haben, nicken zustimmend.

Was sind die schwierigsten Fälle, mit denen es die Fieberfeen bisher zu tun hatten? "Es ist immer dann besonders schwer, wenn die Mama im ersten Stock im Home Office arbeitet. Dann stehen die Kinder an der Treppe, und man sie kaum anderweitig beschäftigen", hat Cornelia Hermann des Öfteren erlebt. "Deshalb ist es besser, die Eltern sind wirklich außer Haus." Was allerdings auch ein riesiger Vertrauensvorschuss für die Frauen ist. "Wir sind oft allein im Haus, haben den Schlüssel und ein uns anvertrautes Kind", sagt Antje Feigen. Doch die Eltern wissen den Service offenbar zu schätzen. "Wenn wir kommen, werden wir oft umarmt, oder wir bekommen Pralinen oder wo was geschenkt."

Wie oft eine der Frauen - ein Mann ist nicht unter den Fieberfeen - in einer Familie aushelfen muss, ist ganz unterschiedlich. "Wir hatten schon Zeiten, in denen jede unserer Feen zwei Mal in der Woche ran musste, aber es gibt auch ruhigere Phasen", sagt Hermann. Im August ist der Service geschlossen, über Weihnachten ist 14 Tage zu. Feigen, die neue Koordinatorin der Fieberfeen, ist seit zwölf Jahren beim Eltern-Kind-Programm aktiv, in der Mittagsbetreuung und bei anderen Gelegenheiten. Dazu gestoßen ist die gelernte MTA, als sie Nachwuchs bekam und sich ehrenamtlich engagieren wollte.

"Als mich Cornelia Hermann gefragt hat, ob ich die Fieberfeen künftig koordinieren will, habe ich sofort ja gesagt", berichtet Feigen. Hermann hat den Service aufgebaut, hat aber nun die Koordinationsstelle abgegeben an Feigen. Das war vor drei Wochen, aber das Telefon hat schon ein paar Mal bei der neuen Leiterin geklingelt. "Es sieht so aus, als ob wieder eine Erkältungswelle im Anzug wäre, denn die Einsätze häufen sich", sagt sie. Deshalb könnten die Frauen auch Verstärkung gut gebrauchen, als formale Voraussetzungen gelten ein erweitertes Führungszeugnis und ein Erste-Hilfe-Kurs für Kinder. "Aber natürlich darf man auch keine Angst haben sich anzustecken", sagt Feigen und lacht. Reich werden Fieberfeen nicht, sie bekommen 5,50 Euro pro Stunde von den Eltern. Die Anfänge der Fieberfeen gehen fünf Jahre zurück. Hermann kannte die Einrichtung aus München und wollte sie im Würmtal etablieren. Was mit Hilfe der Würmtal-Insel, der Gautinger Insel und des EKP gelang. Nach einjähriger Vorbereitungsphase sind die Frauen nun seit vier Jahren in Gauting, Krailling, Planegg, Gräfelfing und Neuried tätig. Es ist die einzige Einrichtung dieser Art im Landkreis.

Nur ein Problem konnten die Fieberfeen bisher nicht lösen: "Warum hast Du denn keine Flügel", wundern sich manche Kinder - aber die Feen bezaubern sie auch so.

© SZ vom 14.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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