Berg:Und sie drehen sich doch

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Der Windpark in den Wadlhauser Gräben ist eingeweiht, Bergs Bürgermeister Rupert Monn erinnert an all die Widerstände, die er überwinden musste. Eine kleine Schar Demonstranten mit Traktor stört die Feier nicht

Von Otto Fritscher, Berg

Es muss ein erhebender Augenblick gewesen sein für Bergs Bürgermeister Rupert Monn, als er vor 14 Tagen mit Robert Sing ein Bier trank - nicht in irgendeiner Wirtschaft, sondern in 149 Metern Höhe auf der Nabe eines der vier Windräder in den Wadlhauser Gräben, angegurtet zwar, aber in schwindelnder Höhe. "Da hab' ich gespürt, dass wir es geschafft haben", sagte Monn am Samstag bei der offiziellen Einweihungsfeier für den Windpark zur SZ. Robert Sing, Geschäftsführer des Betreibers Bürgerwind Berg GmbH und verantwortlicher Planer der Anlage, nickte und sagte: "Von denen da draußen lassen wir uns die Stimmung nicht vermiesen."

Die da draußen, das ist ein Trupp von knapp 20 Windkraftgegnern aus Neufahrn, die sich vor dem Regen unter die Bäume geflüchtet haben. Einen Traktor samt Hänger haben sie mitgebracht. Auf dem Anhänger stehen ein Mann und Bub, sie hämmern unablässig auf ein Ölfass ein. Doch damit haben sie keine Chance gegen die Lüßbacher Blaskapelle, die im eigens aufgebauten Festzelt neben Windkraftanlage 2 spielt. Kreuze haben sie mitgebracht, an die sie Fotos von Fledermäusen befestigt haben, die angeblich von den Rotoren der Windräder gemeuchelt werden.

Ein Transparent, auf dem "Wadlhauser Totengräber" steht, und wer damit gemeint ist, wird auf dem großen gelben Transparent an der Seite des Anhängers klar: Landrat Karl Roth, Bürgermeister Monn, Kreisbaumeister Christian Kühnel und Robert Sing werden da namentlich genannt. "Schaut's euch den Scheißdreck doch an", schreit eine Demonstrantin den Besuchern entgegen, die extra mit Bussen in den Wald gekarrt werden. Und: "Das ist doch keine Einweihung, das ist eine Trauerfeier." Egal was - die Demonstration ist vom Landratsamt Starnberg kurzfristig genehmigt worden, mit der Auflage, die Zufahrt nicht zu blockieren und dem Windrad nicht zu nahe zu kommen. Drinnen im Festzelt bekommt kaum einer der 250 Festgäste etwas von den Protestierern mit.

"Für mich waren die persönlichen Anfeindungen und Drohungen am schlimmsten", sagt Monn. Und Ingenieur Sing bezeichnet den Versuch, "alle mitzunehmen und zu überzeugen, nur als teilweise gelungen". Sonst herrscht trotz des Platzregens eitel Freude und Sonnenschein, "dass die Gemeinde Berg Vorreiter im Landkreis für die Energiewende ist", wie Monn sagt. Die vier jeweils 210 Meter hohen Windräder können mehr Strom produzieren, als in der Gemeinde Berg verbraucht wird. "Wir sind damit beim Strom energieautark", sagt Monn, und Sing schiebt Zahlen nach. Etwa 13 Millionen Kilowattstunden haben die vier Windräder bis jetzt ins Netz eingespeist, berechnet worden sind 25,5 Millionen pro Jahr, "aber es können auch gut 28 Millionen kw/h werden", sagt Sing.

Und dann erinnert sich Monn in seiner Rede noch gut an die Begegnung mit Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer in Andechs. "Der hat mir die Hand auf die Schulter gelegt und gesagt: Lassen Sie die Finger von den Windrädern, das wird nix. " Und Monn, dem anzusehen ist, wie er sich freut, legt nach: "Jetzt würde ich Herrn Seehofer gerne sagen: Wir haben es trotzdem geschafft." Womit Monn offenbar die Knüppel meint, die ihm sozusagen von oberster Stelle zwischen die Beine geworfen wurden, etwa durch das plötzliche Auftauchen des Wespenbussards. "Das haben wir alles widerlegt, und wir haben alle Prozesse gewonnen", sagt Monn.

Die ersten Planungen begannen 2009, Baubeginn war im April 2015, am 22. Dezember ging das letzte Windrad ans Netz. 21,6 Millionen hat der Bau der vier Windräder gekostet,15 Millionen Euro Kredit wurden bei der Umweltbank aufgenommen. 6,6 Millionen haben 169 Kommanditisten in die Bürgerwind Berg GmbH eingezahlt.

Größte Gesellschafter sind die Starnberger VR-Bank mit 1,5 Millionen und die Gemeinde Berg mit einer Million Euro. Aber auch die Gemeinde Gaißach im Landkreis Bad Tölz hat 750 000 Euro eingebracht. Eine Investition, die sich lohnen soll, denn die jährliche Verzinsung beträgt 5,54 Prozent. Als die Pfarrer Rupert Frania und Johannes Habdank die Winderäder im Zelt segnen - Weihwasser hat Frania nicht dabei - sind draußen die Demonstranten abgezogen. Ob Habdanks Wunsch, "dass der Geist des Streites endet", wahr wird, muss sich erst noch zeigen. Monn hält es indes mit einem chinesischen Sprichwort: "Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen." Oder eben Windräder.

© SZ vom 06.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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