Berg:Spitzweg in Berg

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Münchens älteste noch bestehende Galerie, die Kunsthandlung Wimmer, ist an den See gezogen

Von Katja Sebald, Berg

Ob der Maler Carl Spitzweg zu Lebzeiten jemals in Berg war, ist nicht überliefert. Möglich wäre es jedoch, denn ein sommerlicher Aufenthalt am Starnberger See ist durch sein Gemälde "Ankunft in Seeshaupt" eindrucksvoll belegt. Jetzt kehrt der berühmte Maler des 19. Jahrhunderts noch einmal an den Starnberger See zurück: In der Sommerausstellung der Galerie Wimmer in Berg ist derzeit ein echter Spitzweg zu sehen - und auch zu kaufen.

Spitzwegs Gemälde "Zwei Dirndl auf der Alm" ist nur einer von vielen Kunstschätzen, die mit der renommierten und alteingesessenen Münchner Galerie Wimmer ins kleine Berg gezogen sind. Christine Rettinger, die die Galerie 1986 übernommen und dreißig Jahre lang in der Briennerstraße geführt hatte, residiert seit April im Gebäude der ehemaligen Schlossbrauerei in Berg - eine deutlich bescheidenere Adresse zwar, aber dennoch ein Gewinn: "Ich muss hier nicht mehr sechs Tage in der Woche im Geschäft präsent sein und bin dadurch deutlich flexibler." Auf Laufkundschaft sei sie ohnehin nicht angewiesen, sagt die erfahrene Kunsthändlerin: "Ein gutes Bild verkauft man am Telefon."

Zu ihren Geschäftsgeheimnissen gehören gute persönliche Kontakte, ein wohlgepflegter Kundenkreis und Glaubwürdigkeit. Grundsätzlich handelt sie nur das, womit sie sich gut auskennt - und das ist ein Bereich der Kunst, in dem auch heute noch Hochkarätiges auf dem Markt ist: Malerei des 19. Jahrhunderts, bevorzugt Landschaftsmalerei und Natursujets, auch Spätimpressionismus des frühen 20. Jahrhunderts. Zu den großen Namen gehören Eduard Schleich, Johann Georg von Dillis, Joseph Wenglein, Wilhelm Trübner, Max Liebermann und vor allem Edward Theodore Compton und sein Sohn Edward Harrison Compton. Aber auch zeitgenössische Maler wie Helmut Ditsch werden vertreten.

Die Liebe zur Kunst wurde Christine Rettinger in die Wiege gelegt, auch wenn sie nicht in eine Künstlerfamilie geboren wurde: Sie stammt aus Murnau, ihrer Familie gehörte der Griesbräu, von dem aus Kandinsky und Münter zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Kunstgeschichte aus den Angeln hoben. Einen Kandinsky allerdings gab es in der Familie nicht: "Das hätte in Murnau damals niemand gekauft", so die Einschätzung ihres Großvaters. Ihre eigenen künstlerischen Ambitionen gab Christine Rettinger früh auf, seit ihrem 21. Lebensjahr handelt sie mit Kunst. Jetzt sei sie in einem Alter, in dem sie ein bisschen kürzer treten will, das Angebot zur "immerwährenden Sommerfrische" am Starnberger See kam ihr da gerade recht. Ihre Bilder jedenfalls, die sie mit ausgesprochen feinem Gefühl für Qualität zusammenträgt, haben in Berg einen guten Platz gefunden, manche sind sogar an den Ort ihrer Entstehung zurückgekehrt: Von Otto Pippel etwa gibt es ein stimmungsvolles, lichtflirrendes Gemälde, das auf der Terrasse des Schlosshotels Berg gemalt wurde. Auch die herrlichen Gebirgsmotive der Comptons und andere Landschaftsgemälde können vom luftigen Galerieraum aus sozusagen mit der Realität verglichen werden.

Der Umzug aufs Land war eine wohlüberlegte Entscheidung: Die Galerie Wimmer geht auf die 1825 gegründete "Hermann'sche Kunsthandlung" zurück und gilt als älteste noch bestehende Galerie Münchens. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts firmierte sie als "Heinrich Wimmer'sche Hofkunsthandlung", unter August Humplmayr erfolgte 1869 der Umzug in die Briennerstraße. Schon Humplmayr stellte Gemälde von Carl Spitzweg aus, dem Lieblingsmaler des Bürgertums, aber auch die "Malerfürsten" Lenbach und Stuck wussten den Kunsthändler zu schätzen. "So etwas gibt man nicht leicht auf", sagt Rettinger, dennoch habe sie den Umzug nicht bereut: Ihre Kunden verbinden den Galeriebesuch jetzt gerne mit einer Landpartie und sie selbst erlebt gerade "den ersten Sommer seit Jahren, in dem ich mich frei fühle".

Im Mittelpunkt der Sommerausstellung, die am Mittwoch, 27. Juli, um 19 Uhr eröffnet wird, steht der französische Maler Fred Bourguignon (1916 bis 2008). Die Ausstellung ist bis zum 4. August montags bis freitags von 16 bis 19 Uhr, samstags von 12 bis 17 Uhr, sonntags von 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung (08151-6500496) zu sehen.

© SZ vom 26.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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