Berg/Pöcking:Gemeinden setzen auf Vollstrecker

Lesezeit: 2 min

Wenn der Strafzettel hinter dem Scheibenwischer klemmt, ist die Sache noch nicht erledigt. Mit säumigen Zahlern haben die Verkehrsüberwacher vom Zweckverband schon Erfahrung. (Foto: Lukas Barth)

Zweckverband soll nicht nur Raser bremsen, sondern auch die schuldig gebliebene Hunde- oder Gewerbesteuer eintreiben

Säumige Zahler sind bekanntlich nicht gern gesehen. Etwa, wenn sie ihrer Gemeinde die Grund- oder Gewerbesteuer, die Hundesteuer oder die Kindergartengebühren schuldig bleiben. Sehr schnell liegen die Kommunen dann mit ihren Bürgern im Clinch. Natürlich ist es auch für die Rathausmitarbeiter, die mit dem jeweiligen Fall betraut sind, nicht besonders erfreulich, sich herumstreiten zu müssen. Überdies kosten die Schriftwechsel Nerven und Geld. Darum wollen es sich die Gemeinden Berg (hier beliefen sich die Außenstände 2015 beispielsweise auf 185 000 Euro) und Pöcking künftig ersparen, das Geld selbst eintreiben zu müssen. Sie übertragen diese Aufgabe dem Zweckverband Kommunales Dienstleistungszentrum Oberland, der sich aus dem Zweckverband Kommunale Verkehrsüberwachung Oberland entwickelt hat.

Letzterer hat bislang für seine Mitgliedsgemeinden den ruhenden und fließenden Verkehr überwacht. Mit säumigen Zahlern hat der Verband schon Erfahrung. Seit August dieses Jahres ist der Tölzer Zweckverband nun auch dazu berechtigt, für seine Mitgliedsgemeinden sonstige Geldforderungen einzutreiben. Das Vorhaben ist erst einmal in einer Testphase, die zwei Jahre läuft.

In der Berger Gemeindeverwaltung ist man aber schon jetzt recht angetan von diesem Angebot. Zumal der zuständigen Kämmerin und ihren Mitarbeitern dann im Durchschnitt 15 Stunden mehr pro Woche blieben, um sich beispielsweise mit dem Jahresabschluss der Kommune zu befassen. Dieses Argument klang am vergangenen Dienstagabend auch für die meisten Berger Gemeinderäte überzeugend. Wenngleich CSU-Chef Andreas Hlavaty in der Sitzung die Ansicht vertrat, dass der Vollzug eigentlich zu einer der "ureigensten Aufgaben der Gemeinde" gehöre. Harald Kalinke (QUH) hätte es überdies auch lieber gesehen, wenn es bei der Dienstleitung eine Erfolgsprämie gäbe. Ein Argument, das Rathauschef Rupert Monn gerade in diesem speziellen Fall so nicht recht gelten lassen wollte. Schließlich, so Monn, wisse man ja, wer den Verband manage. Der Bürgermeister spielte damit auf den früheren Geschäftsleiter im Rathaus Berg an, Michael Braun, der den Tölzer Verband seit Jahren sehr erfolgreich führt. Mit 16 zu zwei Stimmen entschieden sich die Berger Gemeinderäte letztlich dafür, die Aufgabe während der zweijährigen Testphase an den Verband zu übertragen.

Auch der Pöckinger Hauptausschuss sprach sich in seiner Sitzung in dieser Woche für denselben Weg aus wie die Kollegen aus Berg. Pöcking hatte die unbezahlten Strafzetteln ebenfalls bereits vom Zweckverband eintreiben lassen. Nach Ansicht des Geschäftsführenden Beamten in Pöcking, Sven Neumann, ist das Forderungswesen sogar so kompliziert, dass die Gemeindeverwaltung eigens für diesen Zweck Personal hätte einstellt müssen, das auch noch speziell hätte geschult werden müssen.

Für Neumann liegt der Vorteil der externen Bearbeitung auch darin, dass in einem Dorf wie Pöcking die Forderungen anonym bleiben. Allerdings konnte die Gemeinde bislang im Einzelfall ausstehende Steuern und Gebühren stunden oder eine Ratenzahlung vereinbaren, wenn Außenstände nicht bezahlt werden konnten. "Wir steuern das natürlich", betonte Neumann. Denn die Mahnungen verschickt die Kommune immer noch selbst. Es wird von Fall zu Fall entschieden, wann der Zweckverband eingeschaltet wird.

Durchschnittlich verlangt der Zweckverband eine Bearbeitungsgebühr von rund elf Prozent für die Durchsetzung der jeweiligen Forderung. Abgerechnet wird zum Jahresende. Pro Jahr seien in Pöcking bis zu 70 Fälle zu bearbeiten, so Neumann. Das können hohe Forderungen sein - etwa bei der Gewerbesteuer - oder auch Kleinbeträge unter 100 Euro. Sie könnten sich auf bis zu 40 000 Euro summieren. Nach Neumanns Angaben hat Pöcking derzeit Außenstände von insgesamt etwa 185 000 Euro. Bürgermeister Rainer Schnitzler hofft, dass sich die Bearbeitungsgebühren vielleicht sogar reduzieren, wie dies bei der Kommunalen Verkehrsüberwachung bereits der Fall gewesen sei.

Es ist anzunehmen, dass in den kommenden Wochen noch weitere Kommunen im Landkreis Starnberg dem Beispiel der Nachbarn aus Berg und Pöcking folgen werden.

© SZ vom 15.09.2017 / bad, SBH - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: