Berg:Hüterin des Taubenschlags

Lesezeit: 2 min

Buchhändlerin Dini Kortman-Huizing sucht eine Nachfolge. Seit neun Jahren hat sie ihren Laden, jetzt will sie kürzer treten und mehr Zeit mit ihrer Familie in Berlin verbringen

Von Sabine Bader, Berg

Es ist ein wenig wie im Taubenschlag. Die Ladentür von Dini Kortman-Huizings "Buchhandlung Schöner Lesen" in der Berger Ortsmitte geht auf: Großeltern kommen mit ihrer Enkelin herein. Die Kleine kennt sich offensichtlich aus im Sortiment und sucht aus den Regalen in Windeseile drei, vier Kinderbücher zusammen. Sie löst ihren Gutschein von Weihnachten ein, und die Oma muss noch fünf Euro drauflegen. Dann betritt der Berger Politologe, Publizist und Schriftsteller Johano Strasser die Buchhandlung. Ein kleiner Plausch geht immer. Und fast zeitgleich erscheint eine Dame, die Briefe und ein Päckchen in der Poststation abgeben will, die sich im hinteren Teil des Ladens befindet. Beim Hinausgehen liest die Frau noch schnell den Klappentext eines Buches. Der Laden läuft offensichtlich.

Natürlich ist es nicht immer so turbulent wie an diesem Dienstag. Bei einer 8000-Einwohner-Gemeinde kann man das ja auch nicht erwarten. "Es ist nicht immer wie am Stachus bei mir", sagt Kortman-Huizing, "aber die Berger sind sehr treue Kunden". Diese Erfahrung hat sie in den neun Jahren, in denen sie ihre Buchhandlung in der Ortsmitte betreibt, gemacht. Dennoch sucht die 59-Jährige nun nach einer Nachfolge für das Buchgeschäft.

Der Grund für den Entschluss ist zumindest für Großeltern gut nachvollziehbar: Ihre beiden Töchter - 36 und 31 - leben in Berlin, sie haben bereits eigene Kinder und stehen ihrerseits voll im Beruf. Natürlich wären sie froh, wenn die Oma zeitlich flexibler wäre und öfter bei ihnen und den drei Enkeln sein könnte. Das aber kann Dini Kortman-Huizing bislang nicht, auch wenn sie es sehr gerne wollte. Denn sie muss morgens pünktlich ihre Buchhandlung aufsperren.

Seit 1989 lebt Kortman-Huizing in Berg. "Aber eine echte Bayerin bin ich trotz allem nicht geworden - denn da muss man ja seit drei Generationen hier leben oder einen Bayern geheiratet haben", zitiert sie einen alten Spruch. Sie stammt aus der Grafschaft Bentheim nahe an der holländischen Grenze - ist also eine waschechte Preußin. Ganz umziehen nach Berlin will Kortman-Huizing dennoch nicht, auch wenn sie gemeinsam mit ihrem Mann dort eine kleine Wohnung hat. Ihre Wohnung im Berger Sonnenweg wird sie ebenfalls behalten, schließlich ist sie hier nach fast 30 Jahren auch verwurzelt. Sie will einfach nur flexibler umgehen können mit ihrer Zeit, nicht mehr so festgelegt sein und öfter pendeln.

Kortman-Huizings Berufsweg ist übrigens nicht ohne. Sie ist gelernte Krankenschwester und hat als solche auch eine Weile gearbeitet. Dann hat sie sich zur Wohn- und Umweltberaterin ausbilden lassen, hat danach in einer Galerie in Starnberg gearbeitet. Die Berger Leser kennen sie schon von der Zeit vor ihrem Buchhänderinnen-Dasein, denn die 59-Jährige war auch in der Gemeindebücherei tätig, bevor sie nach Seeshaupt wechselte und dort die Galerie plus Buchhandlung übernahm. Erst danach folgte die eigene Buchhandlung in Berg. "Ich habe alles gerne gemacht", sagt sie rückblickend über ihre zahlreichen Berufe. "Und ich bin zu all dem gekommen wie die Jungfrau zum Kinde."

Am liebsten wäre ihr, wenn jemand aus Berg den Mietvertrag samt Inventar und Kundenstamm übernehmen würde. Unter Zeitdruck ist Dini Kortman-Huizing bei alldem nicht. "Nur angehen möchte ich es jetzt. Ich bin noch ganz am Anfang." Die Post-Agentur ist ihre Untermieterin. Das ist im Mietvertrag so festgelegt, und "so soll es auch bleiben", sagt sie. Rein menschlich scheint es zwischen ihr und den Postmitarbeiterinnen auch zu stimmen: "Wir sind ein gutes Frauenteam."

Dennoch: Die Buchhändlerin freut sich schon jetzt auf die geplante Veränderung. Und wer weiß, was ihr in Berlin neben dem Oma-Dasein noch alles einfällt.

© SZ vom 18.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: