Berg:Begeistert von Robotern

Lesezeit: 3 min

In Berg diskutieren der Münchner Museumsdirektor Wolfgang Heckl (links), Innovationsberaterin Anke Meyer-Grashorn und der ehemalige bayerische Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP). (Foto: Georgine Treybal)

Wolfgang Heckl und Wolfgang Heubisch plauschen in Berg über Wissenschaft

Von Ute Pröttel, Berg

Jeder Anglizismus kostet. Deswegen leistet Christian Kalinke vor seinen Talkrunden immer schon mal eine Ablasszahlung in eine der bereitstehenden Spardosen. In seinem Job als BMW-Manager kommt er um den Gebrauch von Wörtern wie High Performance oder Benchmark nicht herum, und so rutschen sie ihm auch im lockeren Gespräch mit seinen Gästen heraus. Eine kurze Umfrage im Publikum nennt er ein Outing: "Wer war schon einmal in Bad Wörishofen?" Sein Publikum amüsiert sich.

Beim Thema Forschung und Wissenschaft auf Anglizismen zu verzichten, ist praktisch unmöglich. Globalisierung, Start up und Digitalisierung sind Begriffe, ohne die auch ein lockerer Talk nicht auskommt. Beim jüngsten Abend in der Reihe der "Bergspektiven" befassten sich drei Gesprächspartner mit der Frage: "Warum es sich lohnt, forscher zu forschen".

Wolfgang Heckl ist Professor der Biophysik und Generaldirektor der Deutschen Museums in München. Ein Wissenschaftler, der die öffentliche Vermittlung von Forschung verinnerlicht hat und so schnell von künstlicher Intelligenz über Kohlenstoff-Chemie zu Erfindergeist und Robotik made in Germany wechselt, dass dem Zuhörer förmlich schwindelig wird. "Der Computer ist ein wunderbares Instrument mit fantastischer Rechenkapazität", sagt Heckl, doch er sei überzeugt, dass er niemals die Fähigkeiten erreichen werde, die den Menschen ausmachen: Entscheidungsfreiheit, moralisches Handeln, Tugenden. "Ich habe keine Angst, dass der Computer das, was den Menschen ausmacht, seine Seele, seine Hinwendung zu anderen Menschen und Großherzigkeit, ersetzen können wird. Wenn wir klug genug sind, dann machen wir uns Computer und Roboter zu Nutze." Seine Begeisterung für intelligente Roboter beispielsweise versucht das Deutsche Museum in verschiedenen Experimentierlaboren auf die Besucher zu übertragen. Je jünger desto lieber.

Doch Heckl spielt den Ball auch gerne an Wolfgang Heubisch, den ehemaligen bayerischen Wissenschaftsminister, weiter. Heubisch und Heckl kennen sich schon lange. Sie haben an diesem Abend auf den Maibockanstich im Platzl verzichtet, und als es um die Gaußsche Normalverteilung als Beispiel für die Förderung von Kreativität im Schulunterricht geht, meint Heckl augenzwinkernd: "Das erklärt Ihnen Wolfgang Heubisch gerne, er war einmal mein Schüler." Der zwölf Jahre ältere Heubisch spielt das Spiel gut gelaunt mit. Er erzählt, dass er wegen Horst Seehofer in die FDP eingetreten sei. 1992 habe er als Vertreter der Zahnärzte Streit mit dem damaligen Gesundheitsminister Seehofer gehabt. Dass er mehr als ein Jahrzehnt später in dessen Kabinett Staatsminister werden würde, konnte er da nicht ahnen.

Einen schweren Stand bei soviel Wortpower hatte da die Innovationsberaterin Anke Meyer-Grashorn. Eine Antwort auf die Frage, wie mehr Frauen für Wissenschaft und Forschung zu begeistern wären, blieb sie schuldig, sie wusste aber sehr genau, was heutzutage einen erfolgreichen Wissenschaftler ausmache, nämlich dass er aus dem Labor hinaustrete und mit Begeisterung und Pathos von seinen Themen spricht. Wie Wolfgang Heckl eben.

Mit seinem Gesprächsschwerpunkt war Kalinke wieder sehr aktuell. Weltweit gehen derzeit Professoren und Forscher auf die Straße. In mehr als 600 Marches of Science protestierten sie gegen die Leugnung von wissenschaftlichen Fakten und die Streichung von Etats, die vor allem US-Präsident Donald Trump angekündigt hat. Darin sieht Heubisch eine große Chance für Deutschland. Er spricht sich für eine Erhöhung der finanziellen Mittel aus, um internationale Wissenschaftler anzulocken und die Digitalisierung auf breiter Front voranzutreiben.

Seit 2002 lädt Kalinke interessante Menschen aus Politik, Sport, Medien, Gastronomie oder auch der Wissenschaft nach Berg. Als Unternehmerstammtisch starteten die Veranstaltungen. Nebenbei sammelte Kalinke Spenden für den örtlichen Fußballverein MTV Berg. Irgendwann nannte er die Treffen dann Bergspektiven und war in der Aufkirchner Post, im Seehotel Leonie oder auch mal im Vier Jahreszeiten in Starnberg zu Gast. Seit gut zwei Jahren ist das Hotel Schloss Berg der ständige Veranstaltungsort.

Neben den Bergspektiven hat Kalinke eine zweite Veranstaltung: Den Klub der 100. Zu diesen Vorträgen ist nur geladen, wer mindestens 100 Euro pro Jahr spendet. Mittlerweile unterstützt Bergspektiven nicht nur die Jugendarbeit des MTV sondern auch Initiativen in Kenia und Mosambik. 85 feste Mitglieder hat der Klub der 100. Am vergangenen Donnerstag waren 40 Zuhörer gekommen.

© SZ vom 03.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: