Benefizkonzerte am Ammersee-Gymnasium:Ebenbürtige Bühnenpartner

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Zwar setzen Juliane Banse und Christoph Poppen erwartungsgemäß die Glanzpunkte. Aber auch die Schülerensembles sorgen mit Aufführungen auf hohem Niveau für Staunen

Von Berthold Schindler, Dießen

Ein kurzer Blick in die Kalender der Sopranistin Juliane Banse und des Dirigenten Christoph Poppen genügt, um festzustellen: Sie sind auf den großen Bühnen der Welt zu Hause, ob in der Hongkong Concert Hall, im Konzerthaus Dortmund, im Musiikitalo Helsinki, in der Kölner Philharmonie oder der Seoul Ilshin Hall. Zuhause sind die miteinander verheirateten Musiker aber auch in Dießen, und weil das Ammersee-Gymnasium, auf das ihre Söhne gehen, Geld für einen Konzertflügel sammelt, kam es zu einer ungewöhnlichen Kooperation: zu zwei Benefizkonzerten mit Banse und Poppen. 30 000 Euro konnten schon im Vorfeld eingenommen werden, "mindestens der selbe Betrag", so hofft Poppen, soll noch draufgepackt werden, um ein Instrument erwerben zu können, das den Ansprüchen gerecht wird.

Sopranistin Juliane Banse singt in Icking die Rückert-Lieder Gustav Mahlers. (Foto: Arlet Ulfers)

Neben den zwei Zugpferden des Projekts musizierten in Orchester, Chor und am von Steinway gesponserten Leihflügel mehr als 130 Leute auf der Bühne; größtenteils Schüler, aber auch Lehrer und Angehörige. Ein anspruchsvolles Programm hatte man sich vorgenommen, mit dem Schlusschor aus dem ersten Teil von Haydns "Schöpfung" und Saint-Saëns' berühmtestem Werk, dem "Karneval der Tiere".

Nun wäre zu erwarten gewesen, dass Schulchor und -orchester eine wackere Performance hinlegen und die beiden Starmusiker die Glanzpunkte setzen. Letzteres lässt sich durchaus bejahen. Juliane Banses charakteristisch dunkel eingefärbter Sopran verbindet in den Brahms- und Schubert-Liedern vokale Schlichtheit mit deklamatorischer Intensität; in Wolfgang Amadeus Mozarts Laudate Dominum aus den "Vesperae solennes de confessore" versucht sie, lyrische Bögen zu spannen und den Chor in den Lobgesang einzuladen - allein, die für Stimmen denkbar dürftige Akustik der Schulaula erweist sich als schwer zu nehmende Hürde. Christoph Poppen wiederum leitet mit Übersicht und präziser Gestik die Musiker durch ihm wohlbekannte Partituren. So weit, so gut.

Christoph Poppen dirigierte das Orchester, das größtenteils aus Schülern, aber auch aus Angehörigen und Lehrern bestand. (Foto: Arlet Ulfers)

Das Ausrufezeichen setzen aber die Schülerensembles, die sich über die gesamten fast zwei Stunden als ebenbürtige Bühnenpartner erweisen. Einerseits macht es sich bezahlt, dass Poppen und Banse sich die Zeit genommen und schon seit längerem intensiv mit den Ensembles gearbeitet haben. Andererseits darf sich das Gymnasium glücklich schätzen, mit dem Chor und besonders dem Orchester über zwei Klangkörper mit hohem Niveau zu verfügen. Der "Karneval der Tiere" mit Texten von Loriot besticht durch Witz, lustvoll werden harmonische, stilistische, dynamische Kontraste zelebriert, wobei rhythmische Exaktheit und Intonation en passant zu den Grundtugenden des Orchester zählen. Dass die Bläser einen prächtigen Sound erzeugen können, beweisen sie schon im Eingangsstück "Rorando Coeli" des tschechischen Frühbarockkomponisten Vodnansky; eigentlich für achtstimmigen Chor geschrieben, sind die Einwürfe zwischen durch Bläser unterstütztem Chor und Orchester arrangiert. Herausragende solistische Leistungen zeigen Maria-Theresa Fißl am Cello, die junge Geigerin Emilia Andresen in Beethovens Romanze in F-Dur für Violine und Orchester sowie der Dießener Pianist Maximilian Ginter.

Ihr Chef am Pult schlüpft in eine Doppelrolle als charmanter Moderator des Abends. Und da ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit der Zuhörer sicher ist, ergreift er die Gunst der Stunde und bittet weiter um großzügige Spenden. Nicht ohne mit einem Augenzwinkern darauf hinzuweisen, dass man als Geber sich um eine Spendenquittung bemühen möge, da der Freistaat die selbe Summe noch mal drauflegen müsse und sich somit, so Poppen, indirekt doch darum kümmere, was Teil des Bildungsauftrags wäre: dass ein Konzertflügel für die Pflege der Musik an Schulen zur Grundausstattung gehören sollte. Gerade an einem so musikbegeisterten Ort voller Talente.

© SZ vom 13.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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