Bahnhof Nord:Verwaiste Schalterhalle

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Schnellen Schrittes durchqueren Pendler die Schalterhalle des Bahnhofs Nord in Starnberg. Semmeln und Brezen kann man hier nicht mehr kaufen. (Foto: Georgine Treybal)

Zeitschriften gibt es an der Station im Norden Starnbergs längst nicht mehr, jetzt ist auch die Bäckerei ausgezogen

Von Christian Deussing, Starnberg

Trostlos und wie tot wirkt derzeit die Eingangshalle im Starnberger Bahnhof Nord, der bei der Eröffnung vor 18 Jahren noch als neue, optimal ausgestattete Visitenkarte der Bahn gefeiert wurde. Jetzt ist auch die Bäckerei Bachmeier ausgezogen, nachdem bereits seit Jahren nebenan das Zeitschriftengeschäft geschlossen ist und leer steht. Da mutet der Slogan der Bahn im Eingangsbereich fast schon witzig an: "Ihr Einkaufsbahnhof. Gute Geschäfte. Mehr erleben." Den vielen Fahrgästen, Pendlern und Schülern dürfte allerdings ebenso wenig zum Lachen zumute sein wie der Stadt Starnberg. Sie nennt den Zustand bedauerlich und wünscht sich, dass die leeren Geschäftsflächen bald neu vermietet werden.

Der Bahnhof sei eine "Mobilitätsdrehscheibe und es sollte selbstverständlich sein, dass die Serviceangebote für die Bahn- und Busreisenden eher ausgebaut als abgebaut werden", erklärt die Starnberger Rathaus-Sprecherin Lena Choi. So gehöre eine Bäckerei auf jeden Fall in den Bahnhof Nord. Die Stadt habe daher bereits mit dem Immobilienmanagement der Bahn AG versucht, Kontakt aufzunehmen - dort aber wegen der Weihnachtsferien noch keine zuständigen Mitarbeiter erreicht, erläutert die Stadtsprecherin.

Nach deren Auskunft sei die Ladenfläche des Bäckers freigeworden, weil ein Zeitmietvertrag zum 31. Dezember 2018 ausgelaufen war. Dies bestätigte die Geschäftsführung der Bäckereikette Bachmeier aus Eggenfelden in Niederbayern, ohne weitere Details nennen zu wollen. Die Filiale mit Tischen und Stühlen war mehr als zehn Jahre lang in der Bahnhofshalle betrieben worden.

Wie es in den verwaisten Räumen weitergehen wird, ist offen. Auf SZ-Anfrage erteilte hierzu die Bahn AG keine Auskünfte. Denn die Vermietungen an diesem Bahnhof würden "interne, laufende Vertragsangelegenheiten betreffen", sagte ein Bahnsprecher und betonte: "Dazu geben wir grundsätzlich kein öffentliches Statement ab." Dem Vernehmen nach soll ein "Service-Store" der DB in den leeren Räumen eingerichtet werden. Das wäre ein Mini-Markt mit Back- und Tabakwaren, Snacks und Getränken sowie Zeitungen und Zeitschriften. Für dieses Franchise-Konzept sucht die Bahn nun offenbar einen geeigneten Betreiber.

Immer wieder gibt es Ärger um den Bahnhof Nord, dessen Bau 19 Millionen Euro gekostet hat. An der neuen Station hatte sich die Stadt Starnberg mit mehr als zehn Millionen Euro beteiligt. Später beschwerten sich viele Bürger und Fahrgäste über den Dreck und Müll am Bahnhof, der zu selten gereinigt werde. Ein häufiges Problem waren defekte Fahrstühle oder Toiletten, die wegen mutwilligen Beschädigungen sogar länger als ein Jahr versperrt waren. Vor zehn Monaten hat die Stadt die Regie über die WC-Anlagen übernommen und lässt sie auch putzen. Die Toilettenräume hat die Stadt für 5000 Euro saniert und erneuert; seitdem scheint es wenigstens bei diesem Service zu funktionieren.

Ein Problem ist offenkundig, wieder eine Zeitschriftenhandlung oder ein anderes Geschäft in dem Gebäude zu eröffnen. Seit Langem ist die 80 Quadratmeter große Ladenfläche ungenutzt, die die "DB Station & Service AG" vermieten will, nachdem schon vor einigen Jahren der Kioskbetreiber Valora Retail aus Hamburg diese Filiale aufgegeben hat. Der Konzern hatte die Buch- und Zeitschriftenhandlung vor zwölf Jahren von Paul Puppe erworben, der auch seine Filiale am Starnberger Bahnhof See an das Hamburger Unternehmen zur selben Zeit verkauft hat.

Insgesamt feierten am 10. Juni 2001 mehr als 800 Starnberger ihren neuen Haltepunkt, den Politiker und Bahnvertreter als Aushängeschild bezeichnen. Doch eine Visitenkarte ist der Bahnhof derzeit nicht mehr.

© SZ vom 08.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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