Ausstellung:Stimmungsvoll

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Druckgrafiken mit malerischer Qualität: Sabine Beck vor ihren Bildern vom Sibichhausener Moor. (Foto: Nila Thiel)

Sabine Beck stellt in Berg ihre druckgrafischen Arbeiten zwischen Abstraktion und Figuration aus

Von Katja Sebald, Berg

Der Kulturverein Berg hat sich das Rathaus zurückerobert: Nachdem die Rathausgänge mehrere Jahre lang als Ausstellungsfläche für jeden, der sich berufen fühlte, zur Verfügung standen, sollen die wechselnden Ausstellungen in Zukunft wieder unter der Ägide des Vereins stattfinden. Gezeigt werden ausschließlich Arbeiten von Mitgliedern. Die Künstlerin Sabine Beck macht den Anfang, seit Freitagabend und noch bis Ende Mai zeigt sie eine Auswahl ihrer druckgrafischen Arbeiten.

Beck gehört zum Urgestein der Kunstszene am Ostufer. Seit mehr als 30 Jahren lebt und arbeitet sie auf der Maxhöhe. Sie ist nicht nur Mitglied des Berger Kulturvereins, sondern auch der "Ateliertage" und der Künstlergruppe "h4". Die gebürtige Münchnerin absolvierte nach einem Studium der Bildhauerei an der Münchner Akademie eine Ausbildung zur technischen Zeichnerin und anschließend zur Bautechnikerin. Sie arbeitete im Büro von Otl Aicher, als er die visuelle Gestaltung der Olympischen Spiele von 1972 plante.

Becks künstlerische Arbeit zeichnet sich insbesondere durch ihren virtuosen Umgang mit verschiedenen druckgrafischen Techniken aus, die sie bisweilen auf einem einzigen Blatt kombiniert. Die Gruppe "h4" widmet sich der sogenannten Hayter-Technik, die nach dem Maler und Radierer Stanley William Hayter benannt ist. Das von ihm entwickelte Verfahren ist eine Kombination von Hoch- und Tiefdruck und basiert auf der Verwendung von Farben unterschiedlicher Viskosität. Sie ermöglicht Farbradierungen mit einer einzigen Platte und in einem Druckvorgang. Der unterschiedliche Ölgehalt der Farben verhindert ihr Zusammenfließen. Im Rathaus zeigt Sabine Beck einige so entstandene, dicht gestaltete Blätter, die eine beinahe malerische Qualität haben: stimmungsvolle Waldszenen und figürliche Darstellungen inmitten verschlungener Pflanzen in einer geheimnisvoll tiefgründigen Farbigkeit zwischen Türkis und Braun. Aber auch Banales kann ihr als Inspiration dienen: So entstehen aus einem Paar Gummihandschuhe auf dem Arbeitstisch oder einem zerknüllten Papier schlüssige Bildkompositionen aus Linie und Fläche. Auch das Stück Ameisenholz, dessen Strukturen sie auf die Druckplatte übertrug, gehört dazu. Versiert bewegt Beck sich im Grenzland zwischen Abstraktion und Figuration, zwischen Vereinfachung einerseits und Überzeichnung andererseits. Auch die Mittel der Verfremdung setzt sie gekonnt ein.

Die Kaltnadelradierung mit den großzügig hingestrichelten Raben, die über einem Haus auffliegen und den Himmel geradezu hitchcockmäßig schwarz färben, gehört ebenso zu den "Klassikern" in ihrem Werk wie der simple Schnittlauch, der in seinem beinahe unverschämten Grün frech neben einer türkisfarbenen Fläche in die Bildfläche eingespannt wird. Zuweilen sind es die scheinbar absichtslos und spielerisch entstandenen Blätter und nicht die bedeutungsschweren, mit denen Beck die überzeugendsten Ergebnisse erzielt. Zu diesen gehört auch die großformatige Komposition mit den in einer dunklen Ecke abgestellten chinesischen Schubkarren. Die nach einem Foto entstandene "Spielerei" wird ein Unikat bleiben, denn die Künstlerin hielt sie zunächst für misslungen und zerstörte die Druckplatte.

© SZ vom 22.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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