Ausstellung:Spuren, die das Leben hinterlässt

Lesezeit: 2 min

Im Schloss Kempfenhausen sind Fotografien aus einem Bildband mit Künstlerporträts zu sehen. Es ist das Ergebnis einer zweijährigen Arbeit von Carmen Kubitz und Jürgen Wasmuth

Von Katja Sebald, Berg

Was wäre, wenn einmal alle an einem Strang ziehen würden? Wenn die Künstler vom Ammersee sich aufmachen würden, um an den Starnberger See zu fahren und dort anderen Künstlern zu begegnen. Wenn sich alle in einem Raum treffen würden. Wenn jeder etwas beitragen würde, vielleicht sogar etwas zu essen mitbringen würde. Und wenn jeder ein Stück seiner Geschichte erzählen würde und man gemeinsam ein Künstlerfest feiern würde? Der Kulturveranstalterin Elisabeth Carr ist es gelungen, am Freitagabend im Schloss Kempfenhausen einen "Kunstraum" zu öffnen, in dem die Zugehörigkeit zu bestimmten Land- und Künstlerkreisen, zu Ost- und Westufer oder gar zu Starnberger oder Ammersee in Vergessenheit geraten durfte. Anlass war die Vorstellung des Buches "Lebensspuren" von Carmen Kubitz und Jürgen Wasmuth.

Das Fotografenduo aus Dießen war zwei Jahre lang unterwegs, um Kulturschaffende zu porträtieren. Sie waren auf der Suche "nach bemerkenswerten Gesichtern und Geschichten", schreiben sie im Vorwort des Buches, und zwar "quer durch alle Gesellschaftsschichten". Insgesamt 41 Personen, die ihren Lebensmittelpunkt irgendwo zwischen Lech und Isar haben, sind nun zu "Menschen am See" geworden, so der Untertitel des Bildbandes. Die Kulturveranstalterin Carr aus Starnberg gehört ebenso dazu wie Daniela Dechant, die mit ihrem Mann ein Fischrestaurant betreibt, der Kinobetreiber Matthias Helwig ebenso wie der dichtende Landwirt Stefan Mair, der Wortkünstler Sebastian Goy ebenso wie die Krankenhaus-Clownin Susie Wimmer.

Im Erdgeschoss des Kempfenhausener Schlosses sind in einer Ausstellung die Schwarz-Weiß-Fotografien zu sehen, die für das Buch entstanden, teils mit einer analogen, teils mit einer digitalen Kamera. Auf allen Bildern sind ausdrucksstarke Gesichter zu sehen, in die das Leben seine Spuren gezeichnet hat. Viele von ihnen stehen weit in der zweiten Lebenshälfte, sie haben Falten und Altersflecken, schütteres Haar oder auch nur graue Strähnen. Fast alle Bilder sind in Gesprächssituationen entstanden, während die Porträtierten erzählen, was ihnen wichtig ist. Bei weitem nicht alle Geschichtenerzähler sehen glücklich aus, aber ausnahmslos alle sehen lebensprühend und erfahrungsreich aus.

Am Freitagabend traten einige der Porträtierten auf die Bühne, um weitere Geschichten zu erzählen, die ihr Leben reich gemacht haben: Der Musikkabarettist Josef Brustmann berichtete von dem einzigen halben Lob, das er im Alter von über fünfzig Jahren von seinem Vater bekam. Der Musiker und Schriftsteller Anatol Regnier von seiner Liebe zur Gitarre und Susie Wimmer im roten Zwergenkostüm von der verknäulten Lebensspur, die man nur mit Hilfe anderer Menschen entwirren könne. Der Künstler und Professor Werner Kroener hielt eine Vorlesung über die "faciale Gesellschaft", in der über Gesichter kommuniziert wird. Und schließlich trat die unvergleichliche Marianne Sägebrecht auf und stellte alle anderen in den Schatten: Überbordend und seelenvoll, in weiten Bögen mäandernd von einer Erinnerung zur anderen, kam sie am Ende zu einer überraschenden Pointe und bewies, dass sie auch über sich selbst lachen kann.

"Es waren Begegnungen, die uns reich gemacht haben", sagte Carmen Kubitz am Ende der Veranstaltung über die Arbeit an dem Fotoprojekt. Für das im Allitera-Verlag erschienene und von Maren Martell herausgegebene Buch hat Wasmuth zu jeder dieser Begegnungen außerdem eine stichpunktartige und zuweilen etwas verkünstelte Textsequenz zusammengestellt.

Die Ausstellung ist bis 24. Februar samstags und sonntags von 13 bis 18 Uhr zu sehen. Am Sonntag, 10. Februar, um 15 Uhr treten weitere Ammerseekünstler auf, am Samstag, 16. Februar, um 19 Uhr gibt es eine "Literatur Musiksoirée" mit Maria Well und am Sonntag, 24. Februar, um 18 Uhr eine "Bavarian Blues Finissage" mit Otto Göttler.

© SZ vom 28.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: