Ausstellung in Krailling:Franke und die tapferen Leut'

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Die Künstlerin und Kommunalpolitikerin zeigt im Rathaus ihre Baumbilder, Alltagszenen und Cartoons, die allesamt vom Sinn fürs Wesentliche zeugen

Von Blanche Mamer, Krailling

Zunächst meint man, nur ein paar farbige Pinselstriche zu sehen, rot, gelb und grün, auch schwarz.

Doch dann werden die filigranen Kleckse zu Figuren, die in Bewegung sind, zu Szenen, die man kennt. Figuren, die fotografieren, die im Gehen auf Smartphones starren, die unter großen Regenschirmen dahineilen.

Die kleinen Aquarelle zeigen typische Alltagssituationen, leicht, wie schwebend auf weißem Hintergrund. Schon als Kind wusste sie, dass sie zeichnen wollte, sagt die Stockdorfer Malerin und Designerin Anne Franke, deren Bilder derzeit im Kraillinger Rathaus ausgestellt sind. Also hat sie ihr Leben darauf ausgerichtet und Kunst studiert.

Doch dann kam das Waldsterben, und da war für sie klar, dass dagegen etwas getan werden musste. "Also bin ich in die Politik gegangen", sagt die Malerin und Illustratorin, die seit vielen Jahren für die Grünen Politik macht, einige Jahre als bayerische Landtagsabgeordnete, derzeit als Kreisrätin in Starnberg und außerdem als Gemeinderätin in Gauting.

Man könne eben nicht alles mit dem Pinsel ausdrücken, findet die Malerin, man müsse aktiv werden, wenn man etwas ändern wolle. Die nächsten sieben Wochen steht allerdings die Künstlerin Anne Franke im Vordergrund, bei der man freilich auch immer wieder die politische Ausrichtung erkennt.

Ihre Ausstellung im Krailling Rathaus, die noch bis zum 8. Januar 2016 läuft, trägt den skurrilen Titel "Wilde Bäume und brave Leut'". Die Verbundenheit mit der Natur ist klar, doch "brave Leut" "? Anständig, bieder, ordentlich gekleidet, gewöhnlich, harmlos, angepasst und ziemlich langweilig, das sind die Typen, die sie in ihren Bildern malt, nun wirklich nicht. Brave bedeute im lateinischen aber auch tapfer, sagt Franke. Sie beobachte und zeichne Alltagsphänomene, sagt sie auch noch. Das sind dann beispielsweise die zahlreichen bunten Figuren mit den Smartphones, auch die Radfahrer im Pulk, die Bergwanderer, die Rollerblader und natürlich die Business-Typen. Dazwischen: der Weißbiertrinker, die Damen mit ihren zwei großen Hunden, die beiden Freundinnen "Grün und Blau" - eine Rückenansicht; ausgeschnitten, auf weißen Hintergrund geklebt, werfen sie einen leichten Schatten!

Oder das alte Ehepaar im Freizeitlook, er mit Wampe, sie mit starker Oberweite, fein angedeutet. Und doch sieht man die beiden neben sich. Kennzeichnend für die Aquarelle von den "braven Leut'" sind eben diese charakteristischen Bewegungen und die kleinen Details, die für sich sprechen und die Sujets der Alltagsszenen sofort erkennen lassen. Und das ist ziemlich genial.

Wie bei den Bildern von den Menschen auf der Straße besticht auch bei den wilden Bäumen die Reduzierung auf das Typische, das Wesentliche. Jede Baumart ist klar erkennbar, die Stämme meist stark und schwungvoll, das Laub oft wie hingestaubt, bestehend aus kleinen filigranen Punkten, die doch ganz genau gesetzt sind: Luftige Birken im Frühling, Apfelblüte, herbstliche Eichen, Ahorn und Kastanie im bunten Herbstkleid, knorrige Weiden am Starnberger See, Tannen, die im Nebel verschwinden, ein verschneiter Bergwald. Was bezwingt ist die Ruhe, die von diesen naturalistisch gemalten, sogenannten wilden Bäumen ausgeht. Sie haben etwas Magisches, sieht man doch den Baum in der Natur. Und ja, es setzt großes Können voraus, einen Baum so zu malen.

Das Erstaunlichste an der Ausstellung sind jedoch die Cartoons, Postkarten und Buchillustrationen. Sie sind witzig und ironisch und zeugen von einem hintergründigen Humor. Da ist beispielsweise der Heilige Nikolaus, der ja der Sage nach Bischof vom Myra war, was in Kleinasien liegt. Somit ist der Nikolo Ausländer, vielleicht Flüchtling.

Will man ihn haben, ihn dulden? Daneben ist der Weihnachtsmann ein echter Genießer, der den Rotwein liebt. Weinachten heißt auch, den Wein achten, findet jedenfalls Anne Franke. Daneben findet sich noch ein kleiner Cartoon mit Ente, die bei Sonnenschein ganz allein im See dahindümpelt. Seelenallein. Bis sie den passenden Enterich findet.

Der Weg ins Kraillinger Rathaus lohnt sich. Die Ausstellung, die bis zum 8. Januar 2016 dauert, ist während der Öffnungszeiten des Rathauses zu sehen.

© SZ vom 23.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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