Ausstellung in Herrsching:Auf zu neuen Ufern

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Die Fotokünstlerin Petra Jakob und der Bildhauer Ernst Grünwald vom Ostufer des Starnberger Sees zeigen ihre Werke erstmals am Ammersee. Ihre sehenswerte Ausstellung im Herrschinger "Raum" ist nur noch bis Faschingsdienstag geöffnet.

Von Katja Sebald, Herrsching

Die Ickinger Künstlerin Petra Jakob präsentiert in der neuen Herrschinger Galerie „Der Raum“ aufwendig verfremdete Fotoarbeiten wie etwa ihr Triptychon „NY Blues“. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

"Der Raum" heißt seit dem vergangenem Sommer ein ehemaliges Ladengeschäft in der Seestraße 3. Es kann von Künstlern temporär angemietet werden. Mit seinen großen Schaufenstern lockt dieser ganz und gar unprätentiöse Ausstellungsraum auch Laufkundschaft an - vor allem, wenn er so charmant bespielt wird wie dieser Tage von Petra Jakob und Ernst Grünwald.

Die vielseitige Ickinger Künstlerin und der Bildhauer aus Ammerland sind am Ostufer des Starnberger Sees bereits bestens bekannt, gehören sie doch seit vielen Jahren zur Künstlergruppe der "Ateliertage". Für die Kunstszene am Ammersee dürften die großformatigen "Photomorphosen" von Jakob und die kleinen Bronzeplastiken von Grünwald jedoch eine echte Neuentdeckung darstellen. Ernsthafte Kaufinteressenten oder einfach nur neugierige Besucher: Jedenfalls konnte Petra Jakob schon am Donnerstagnachmittag, dem ersten Ausstellungstag, zahlreiche neue Bekanntschaften und spannende Begegnungen verzeichnen.

In Herrsching zeigt Jakob zwölf Arbeiten, die in einer von ihr selbst entwickelten Technik als Fotocollagen entstehen. Bei der Herstellung dieser "Photomorphosen" kombiniert die experimentierfreudige Künstlerin, die ursprünglich Filmschnitt gelernt hat, digitale und analoge, ja geradezu "archaische" Vorgehensweisen. Ausgangspunkt ihrer Bildkompositionen sind oftmals schnöde Handyfotos. Als Motive bevorzugt sie unmittelbar vom Verfall bedrohte Gebäude wie die hölzerne Bergstation einer alten Seilbahn in Osttirol oder eine marode Immobilie mit der sonnenverblichenen Aufschrift "vendese", die sie auf den Kapverden fand. Diese Aufnahmen verfremdet sie mit einem Bildbearbeitungsprogramm und überzieht sie mit einem Raster, dessen Teile anschließend einzeln auf Pergamentpapier ausgedruckt werden. Auf einer Holztafel oder einer Leinwand setzt sie die Einzelteile wieder zu einem Bild zusammen. Der dafür verwendete Leim aber greift die Druckfarben an, so bilden sich Schlieren und Farbverläufe wie bei einem Aquarell, beim Trocknen entsteht außerdem auf dem dünnen Papier ein Crinkle-Effekt. Aus den ursprünglich detailgenauen Abbildungen werden so verwaschene und entrückte, wie mit einem Schleier überzogene Traumwelten, in denen jedoch das bis zuletzt sichtbare Linienraster eine irritierende formale Strenge erzeugt.

Die Bronzefiguren von Grünwald bilden auch deshalb einen spannenden Kontrast zu diesen surreal anmutenden Bildern, weil sie direkt aus dem Leben gegriffen erscheinen. Der Künstler, der nach einer Bronzegießerlehre an der Münchner Akademie Bildhauerei bei Erich Koch studierte, arbeitet stets gegenständlich und naturalistisch. Seine Plastiken sind sehr genaue Beobachtungen von Mensch und Tier. Dass sie im kleinen wie auch im monumentalen Format, als filigrane Plastik ebenso wie als schwere Holzskulptur überzeugen, spricht für ihre Qualität.

Ernst Grünwald, gelernter Bronzegießer und renommierter Bildhauer aus Ammerland, zeigt unter anderem seine grazile Plastik "Ballett", die er aus Messing gefertigt hat. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der verspielte "Harlekin", eine zierliche, aber lebensgroße Figur, die auf einer Kugel balanciert, ist sozusagen Grünwalds Markenzeichen. Seit Jahren steht diese Figur in einem Ammerlander Garten, in Herrsching entfaltet sie ihre unvergleichliche Poesie nun als winzige Bronze auf einem schlanken Sockel. Auch der Raucher mit dem Titel "The Last Cigarette" und der wunderbare "Wegweiser" sind alte Bekannte aus dem Figurenkabinett des Bildhauers. Das "Rotkehlchen" und seine Vogelkollegen oder die Froschtruppe, die in einem Suppenteller badet, begleiten Grünwald seit Langem, haben aber nichts von ihrem feinen Charme verloren. Einen völlig neuen Aspekt im Werk dieses ebenso großen wie bescheidenen Könners zeigen die auf bezaubernde Weise abstrahierte "Nike" und vor allem das kaum handtellergroße "Paar", das bei aller Reduktion doch alles sagt, was man über das Einssein im Zweisein sagen kann.

Die Ausstellung von Petra Jakob und Ernst Grünwald ist nur noch bis 25. Februar 2020 zu sehen, am Samstag und Sonntag von 12 bis 18 Uhr und am Montag und Dienstag von 14 bis 18 Uhr. Am Sonntagnachmittag laden die Künstler zur "zwanglosen Begegnung" mit einem kleinen Imbiss ein.

© SZ vom 22.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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