Es vergeht keine Woche, in der Anton Leitner nicht mit seiner ehemaligen Schule, dem Carl-Spitzweg-Gymnasium (CSG) in Germering telefoniert. Vor 16 Jahren ist er als Direktor in Ruhestand gegangen. Wobei der Begriff angesichts der vielen Beschäftigungen, denen Anton Leitner nachgeht, gar nicht passt. Am 20. Dezember feiert Leitner seinen 80. Geburtstag.
Mitten im Krieg wurde Leitner 1938 als - wie er stolz versichert - 192. registrierte Weßlinger Hausgeburt von einer Hebamme entbunden. Er war der älteste von sechs Geschwistern, "ein Gassenbua par excellence", beschreibt er sich selbst. Bildung war in der Familie ein großes Thema, doch fast wäre es nichts mit dem Abitur geworden. Der Bub wurde nämlich vom Münchner Karlsgymnasium geworfen, nachdem er seinen Direktor in das Lehrerzimmer eingesperrt hatte. Kein umliegendes Gymnasium wollte den vorwitzigen Schüler aufnehmen, bis auf das Kloster Schäftlarn. Der damalige Abt hätte sich als Schüler auch so einiges geleistet und war dem Lausbub deswegen wohlgesonnen. Leitner muss heute noch lachen, wenn er an diesen Streich denkt.
Leitner kam ins Internat und hatte "Heimweh ohne Ende", denn damals fuhren die Kinder nur in den Ferien nach Hause. Mit 68 anderen Buben teilte er sich den Schlafsaal. Aber er hatte lauter gute Noten, wechselte nach der zehnten Klasse ins Wittelsbacher Gymnasium nach München, wo er das Abitur machte. "Ich wollte schon immer Lehrer werden", erzählt Leitner. Und als begeisterter Humanist wählte er die Fächerkombination Latein, Altgriechisch, Deutsch und Geschichte.
Anton Leitner erinnert sich gerne an seine erste längere Anstellung als Lehrer am Starnberger Gymnasium. "Es waren zehn sehr schöne Jahre in einer angenehmen Atmosphäre." Anschließend wechselte er als Hauptpersonalrat in das Kultusministerium. Von den Erfahrungen und den Kontakten, die er in dieser Zeit gemacht hat, sollte seine künftige Schule profitieren. Um das völlig überlastete Max-Born-Gymnasium in Germering zu entlasten, wurde in Unterpfaffenhofen ein weiteres Gymnasium eröffnet. Anton Leitners Bruder Franz war bereits Direktor am Gilchinger Christoph-Probst-Gymnasium, jetzt übernahm ein weiterer Leitner eine Schule.
Dank seiner Kontakte zum Kultusministerium holte sich Anton Leitner die seiner Meinung nach besten Lehrer an seine Schule. Er war ein Direktor "zum Anfassen", der sich nicht im Direktorat verbarrikadierte, sondern morgens die Schüler am Eingang mit Namen begrüßte und zu dem die Schüler mit ihren Sorgen kamen. "Man muss sich wirklich kümmern", erklärte er. Nach 23 Jahren ließen ihn seine Schüler nur ungern in den Ruhestand ziehen. "Beim Abschied sind Tränen geflossen", erinnert sich eine ehemalige Schülerin. Einige sind heute noch im Kontakt mit ihrem ehemaligen Direktor. "Ich werde von vielen vor allem bei Problemen mit den Kindern angerufen", berichtet Leitner.
Als Rentner wird es ihm nicht langweilig. Da gibt es die 16-jährige Hündin Nelli mit der er seine Gassirunden um den Weßlinger See macht. Meistens begleitet ihn seine Frau Ingrid, mit der er seit 57 Jahren verheiratet ist. Im Nachbarhaus wohnen Sohn Anton G. Leitner und dessen Frau Felizitas. Der Dichter und Verleger gibt auch die Latein-Lernhilfen seines Vaters heraus, "eine davon hat sich fast 10 000 mal verkauft", berichtet er.
Leitners Hauptbeschäftigung ist aber die Lektüre von Zeitungen und Büchern. Gerne liest er die Bibel auf Altgriechisch. Auf dem Wohnzimmertisch liegt aktuell ein englischer Krimi, Apuleius "Amor und Psyche" auf Latein und Deutsch, ein italienischer und ein spanischer Roman, Wörterbücher, dazu noch der aktuelle Jahresbericht des Carl-Spitzweg-Gymnasiums und des Schäftlarner Gymnasiums.